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Wir wollen einen Abschied vom Kastenstand

Viele Sauen werden in Deutschland für die Besamung, die Zeit danach und rund um die Geburt der Ferkel in Metallkäfigen fixiert. Damit verbringt eine Sau etwa die Hälfte ihres Lebens in diesem Zustand. Wir wollen das beenden. Unsere Antwort auf eine Foodwatch-Petition zum Thema.

Liebe Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Foodwatch-Petition,

über die hohe Zahl der Menschen, die für Tierschutz eintreten, freuen wir uns sehr. Wir haben bisher noch nicht auf eure Schreiben geantwortet, weil es noch keinen finalen Stand gibt. Aber bei einem Telefonat mit dem Foodwatch-Geschäftsführer ergab sich, dass auch eine vorläufige Antwort gut wäre. Die wollen wir nicht schuldig bleiben.

Die 7. Novelle der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, die jetzt gerade im Bundesrat anhängig ist, hat eine Reihe von Teilaspekten. Aufgrund des Kampagnen-Gegenstandes konzentrieren wir uns hier auf die Sauenhaltung.

Wir wollen einen Abschied vom Kastenstand

Viele Sauen werden in Deutschland für die Besamung, die Zeit danach und rund um die Geburt der Ferkel in Metallkäfigen fixiert. Damit verbringt eine Sau etwa die Hälfte ihres Lebens in diesem Zustand. In dieser Zeit können sich die Tiere gerade einmal hinlegen und aufstehen, sich aber beispielsweise nicht umdrehen. Wenn sie sich auf die Seite legen, müssen sie ihre Gliedmaßen ungehindert ausstrecken können. Das können sie aber oft nicht bzw. nur, indem sie sich mit ihren Klauen gegenseitig beharken. Damit haben wir derzeit einen geduldeten gesetzeswidrigen Zustand in Deutschland. Das sogenannte Magdeburger Urteil, das 2015 klarstellte, dass dies gesetzeswidrig ist, wurde zum Anlass genommen, den Kastenstand insgesamt in Frage zu stellen. Auch von unserer Partei. Wir Grüne wollen einen Abschied vom Kastenstand – oder kurz gesagt: die Sau rauslassen!

Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) jedoch hat das Urteil vier Jahre lang ignoriert. Der jetzt vom BMEL vorgelegte Entwurf will die Vorgabe, deren Einhaltung das Bundesverwaltungsgericht einfordert, schlichtweg aus der Verordnung streichen. Damit umgeht und missachtet das Ministerium unmittelbar die Entscheidungen der Gerichte. Darüber hinaus wird hierdurch gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen, denn da Tierschutz als Staatsziel ins Grundgesetz aufgenommen ist, fällt man damit hinter geltendes Recht zurück. Dieses Vorgehen ist also nicht nur aus Tierschutzsicht ein Problem. Würde die Verordnung so beschlossen, wäre sie juristisch angreifbar – und wohl auch kippbar. Das ist keine verlässliche Politik für die Bäuerinnen und Bauern.

Verhandlungen im Bundesrat

Am 13. März kommt die Verordnung in den Bundesrat, wo die 16 Bundesländer darüber verhandeln werden. In zwei Dritteln davon sind Grüne mit an der Regierung, aber eben nicht allein; und in allen herrschen unterschiedliche Strukturen in der Tierhaltung.

Das Wesen des Bundesrates ist der Kompromiss. Und genau da stehen wir gerade. Die Länder sind mit der schwierigen Aufgabe konfrontiert, einen Kompromiss finden zu müssen, der genug Tierschutz und eine konkrete Verbesserung der Haltung der Sauen ermöglicht. Und zwar nicht nur untereinander, sondern auch innerhalb der verschiedenen Regierungskonstellationen. Dabei geht es unter anderem um folgende Aspekte, die zu klären sind:

Der BMEL-Entwurf sieht als Übergangsfrist für das Inkrafttreten der Verordnung 15-17 Jahre vor, uns Grünen ist das deutlich zu lange. Auch in kürzerer Zeit kann die gesamte Sauenhaltung auf Gruppenhaltung nach dem 5. Tag umgebaut werden. Dass das geht, hat Sachsen-Anhalt gezeigt. Bei der Fixierung im Kastenstand könnte eine Verkürzung von heute jeweils über 30 Tagen auf fünf Tage erfolgen. Danach würden die Sauen in die Gruppenhaltung gehen. Hierüber wird gerade heftig diskutiert. Und was die Umsetzung des Magdeburger Urteils angeht, so ist für uns klar: Indem die relevante Passage zum ungehinderten Ausstrecken einfach gestrichen wird, ist das Problem der Rechtswidrigkeit mitnichten gelöst. Wir favorisieren daher, dass die Passage nicht gestrichen wird. Doch vor allem die Union unterstützt die dauerhafte Streichung dieser Anforderung.

Zwischen diesen Aspekten und den Interessen von 16 verschiedenen Ländern muss nun eine für den Tierschutz tragfähige Lösung gefunden werden. Genau an dieser Stelle stehen die Verhandlungen. Wir antworten gerne nochmal, nachdem der Bundesrat entscheiden hat.

Mit der Hoffnung, ein paar Punkte geklärt zu haben,

Annalena Baerbock
Robert Habeck

Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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