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Bericht vom ersten Bundesfrauenrat 2019

Am 4. und 5. Mai kamen die Delegierten des Bundesfrauenrats und der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Frauenpolitik in Berlin zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen.

Gesine Agena, stellvertretende Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, begrüßte die anwesenden Frauen und berichtete erfreuliche Neuigkeiten: Die Grünen dürfen sich nun über 80.000 Mitglieder freuen! Das ist auch aus frauenpolitischer Sicht ein Grund zum Feiern: Denn es treten nicht nur viele junge Mitglieder ein, sondern auch immer mehr Frauen. Wir werden jünger und weiblicher.

Gemeinsam für Lesbische Sichtbarkeit

Anschließend widmete sich ein Podium unter der Leitung von Marion Lüttig, Mitglied des Präsidiums des Bundesfrauenrates, dem Thema Lesbische Sichtbarkeit. Die Autorin und Journalistin Stephanie Kuhnen machte auf die Mehrfachdiskriminierungen aufmerksam, die lesbische Frauen erleben. Allzu oft würden in öffentlichen Debatten um Homosexualität vor allem schwule Männer repräsentiert, während lesbische Frauen mit ihren Themen marginalisiert würden. Die Leiterin der Gedenkstätte Ravensbrück Dr. Insa Eschebach lenkte den Blick auf die Ermordung und Folterung lesbischer Frauen in Konzentrationslagern und zeigte auf, dass diese Frauen in der deutschen Gedenkkultur bis heute keinen angemessenen Platz gefunden haben. Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, wies auf die aktuelle politische Debatte um die Reform des Abstammungsrechts hin. Diese betreffe vor allem lesbische Paare, da es sich bei über 90 Prozent der Regenbogenfamilien in Deutschland um sogenannte Zweimütterfamilien handele. Die frauen- und geschlechterpolitische Sprecherin des Landesvorstandes von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin, Ina Rosenthal, warb für eine Emanzipationsbewegung der Vielfältigen ­– denn gerade in den heutigen Zeiten gelte es, sich miteinander zu solidarisieren.

Im Anschluss an die Debatte fassten Bundesfrauenrat und BAG Frauenpolitik den Beschluss „Gemeinsam für lesbische Sichtbarkeit – LBTIQ*-Frauen stärken“.

Grundsatzprogramm

Schwerpunktmäßig stand die gemeinsame Sitzung ganz im Zeichen des grünen Grundsatzprogrammprozesses. Nachdem Ende März der Zwischenbericht zum Grundsatzprogramm vorgestellt wurde, beschäftigten sich der Bundesfrauenrat und die BAG Frauenpolitik eingehend mit den feministischen und geschlechterpolitischen Aspekten des Textes. Gesine Agena stellte den Zwischenbericht vor und erläuterte, dass sich Feminismus als roter Faden durch das Grundsatzprogramm ziehen würde. „Denn Frauenrechte sind ein Seismograph für den Zustand jeder Demokratie“, so Gesine Agena. Auch Dr. Antje Schrupp (Autorin), Barbara Unmüßig (Vorständin der Heinrich-Böll-Stiftung) und Dr. Meltem Kulaçatan (Goethe Universität Frankfurt am Main) kommentierten den Zwischenbericht aus feministischer Perspektive.

Geburtshilfe stärken – Hebammenberuf sichern

Am Nachmittag beschäftigte die Gremien die Situation der Hebammen, die unter schlechter werdenden Arbeitsbedingungen und steigenden Kosten zunehmend unter Druck geraten. Martina Schulze, Vorsitzende des Hebammenverbandes Brandenburg e.V., berichtete, dass Hebammen in Kreißsälen derweilen bis zu vier Gebärende zeitgleich betreuen müssten. Dies führe zu massiven Überstunden, Überlastung und inadäquater individueller Betreuung. Kirsten Kappert-Gonther, MdB, forderte, dass die Regierung die Akademisierung des Hebammenberufes endlich umsetzen müsse. So könne eine Aufwertung des Berufes und eine angemessene Bezahlung gemäß der Qualifikationen realisiert werden. Um den Hebammenberuf auch in Zukunft zu sichern, hat der Bundesfrauenrat den Beschluss „Geburtshilfe stärken – Hebammenberuf sichern“ verabschiedet.

Zum Ausklang des arbeitsreichen Sitzungstages trug die Poetry Slammerin Svenja Gräfen einige ihrer Texte vor.

Parität

Am Sonntag diskutierten wir gemeinsam mit Ulle Schauws (MdB), Ursula Nonnemacher (MdL in Brandenburg) und Prof. Dr. Maria Wersig (Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes) zum Thema Parität in den Parlamenten. Obwohl Frauen in Deutschland seit 100 Jahren wählen dürfen, sehen wir, dass der Anteil an weiblichen Abgeordneten im Bundestag nicht steigt, sondern sinkt. Der Bundesfrauenrat hat deshalb einen Beschluss gefasst, der die Forderung nach einem Paritätsgesetz unterstreicht. Wir wollen erreichen, dass die Hälfte des Parlaments mit Frauen besetzt ist - und damit die Gesellschaft widerspiegelt.

Intersektionaler, solidarischer Feminismus

Am Sonntagmittag fassten die Delegierten außerdem einen Beschluss zum intersektionalen Feminismus. Wir nehmen unterschiedliche Diskriminierungsformen ernst und bekämpfen sie gemeinsam. Und wir stellen uns solidarisch an die Seite aller Frauen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion, Sexualität oder Behinderung angegriffen werden. Gerade in Zeiten, in denen rechtspopulistische Kräfte erstarken, muss Feminismus antirassistisch und solidarisch sein.

Präsidiumswahlen

Zum Ende der gemeinsamen Sitzung standen abschließend die Wahlen des Präsidiums des Bundesfrauenrates auf der Tagesordnung. Wir freuen uns auf weitere zwei Jahre mit unserem Präsidium bestehend aus Sandra Hildebrandt, Marion Lüttig, Katja Meier und Josefine Paul.

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