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Artikel

Bundesfrauenrat im September 2022 in Berlin

Delegierte des Bundesfrauenrats auf der Kundgebung „Ich entscheide selbst”

Auf dem zweiten diesjährigen Bundesfrauenrat in Berlin ging es um die Versorgungsnot bei Schwangerschaftsabbrüchen, Digitalisierung aus frauenpolitischer Perspektive und die Wichtigkeit von frauenpolitischen Netzwerken in Krisenzeiten. Lies hier den ganzen Bericht.

Der Bundesfrauenrat begann mit einer gemeinsamen Teilnahme an der Kundgebung „Ich entscheide selbst” vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung vorm Brandenburger Tor. Um sich den Positionen des sogenannten „Marsch für das Leben“ entgegenzustellen, ging es mit boxenden Uterusplakaten und feministischen Slogans am Samstagvormittag zum Pariser Platz.

Delegierte des Bundesfrauenrats auf der Kundgebung „Ich entscheide selbst”

Versorgungslage verbessern – Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren

Daran anschließend startete der Bundesfrauenrat mit einem spannenden Podiumsgespräch zur mangelnden Versorgungssicherheit beim Schwangerschaftsabbruch und die Rolle der geplanten Regierungskommission zu reproduktiven Rechten in diesem Zusammenhang. Lucie Hammecke, Mitglied des sächsischen Landtags moderierte das Gespräch zwischen Alicia Baier, Gynäkologin und Vorsitzende von Doctors for Choice und Ulle Schauws, Mitglied im Bundestag und dort u.a. Leiterin der AG Familie, Senior*innen, Frauen, Jugend und Queer.

Thema war die Versorgungssicherheit für Menschen in Schwangerschaftskonfliktsituationen, die in vielen Bundesländern und Regionen noch immer sehr prekär ist und sich seit Jahren verschlechtert. Es herrschte Einigkeit darüber, dass die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen für die fehlende Versorgungssicherheit mitverantwortlich ist. Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden durch einen Wandel in der medizinischen Ausbildung und das Ende der Tabuisierung in der Gesellschaft.

„Medizinische, ethische und rechtliche Aspekte müssen Bestandteil der medizinischen Ausbildung sein und dafür braucht es einheitliche Regelungen und Vorschriften“, so Alicia Baier. Ulle Schauws unterstrich die Wichtigkeit, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Kommission zum §218 StGb zeitnah einzuberufen und appellierte daran, dass der notwendige Druck zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit gesamtgesellschaftlich möglichst breit getragen werden müsse. Zum Abschluss brachte Ulle Schauws den Antrag „Versorgungslage verbessern – Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisieren“ ein, der mit großer Mehrheit angenommen wurde.

Im Anschluss eröffnete Lisi Maier, Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung ihre Präsentation mit der Feststellung „Gleichberechtigung im Grundgesetz ist noch keine Wirklichkeit.“ In ihrem Vortrag stellte sie die Grundlagen, den Aufbau und die Aufgaben der Bundesstiftung vor und gab einen Einblick in den aktuellen Arbeitsstand.

Für eine geschlechtergerechte digitale Revolution

In den Tagesordnungspunkt „Die digitale Revolution geschlechtergerecht gestalten“ leitete Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok, Vorsitzende der Expert*innenkommission des dritten Gleichstellungsberichts, mit einem Input-Referat zu den spannendsten Ergebnissen des dritten Gleichstellungsberichts ein. Dabei ging sie auf Problemschwerpunkte wie das Gender Budgeting, Digitale Gewalt, fehlende Chancengleichheit ein und zeigte konkrete Handlungsempfehlungen anhand von aktueller Feldforschung zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie während der Coronapandemie auf.

Anna Lena Schiller von der NGO Algorithmwatch vertiefte danach das Thema Algorithmen und Besonderheiten von algorithmenbasierter Diskriminierung. Sie führte aus, wie die gegenwärtigen Antidiskriminierungsgesetze rund um algorithmische Entscheidungssysteme (ADM) Rechtslücken aufweisen und skizzierte die notwendigen Anpassungen, um sicherzustellen, dass Betroffene ihr Recht auf Nichtdiskriminierung auch im digitalen Raum durchsetzen können.

Alexandra Geese, Abgeordnete des Europäischen Parlaments gab Einblicke wie es mit der konkreten politischen Umsetzung hin zu mehr Gleichberechtigung im IT-Sektor auf Europaebene aussieht. Vor allem der „Digital Service Act“ ist dabei das Grundgesetz Europas für das digitale Zeitalter, wodurch die Regeln und Verpflichtungen für Plattformen wie Facebook, Amazon, TikTok und Co. neu definiert werden.

Das anschließende Podiumsgespräch zwischen den Referentinnen wurde moderiert von Bahar Haghanipour, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin und unter anderem Sprecherin für Frauenpolitik und Gleichstellung. Es zeigte sich im Austausch mit den Delegierten wo politische Handlungsspielräume zu sehen sind und welche notwendigen Schritte für eine erfolgreiche geschlechtergerechte digitale Revolution folgen müssen. Am Ende stand die Erkenntnis, dass dies ein Thema ist, das wir in Zukunft noch mehr behandeln wollen

Stärkung und Vernetzung in Krisenzeiten

Am Sonntagmorgen starteten wir in den Bundesfrauenrat mit parteiinternen Programmpunkten und der Verabschiedung der Änderungsanträge für die kommende Bundesdelegiertenkonferenz. Im Anschluss betonte die Parteivorsitzende und frauenpolitische Sprecherin Ricarda Lang in ihrer Rede den Bundesfrauenrat als Raum zur gegenseitigen Stärkung und Vernetzung. Gerade in Zeiten, in denen auch persönliche Anfeindungen immer stärker zunehmen.

Zum Abschluss stellte die Politische Geschäftsführerin Emily Büning die Wahlkampfauswertung vor und präsentierte die aus der Analyse gezogenen Maßnahmen für die Parteientwicklung.

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