Bundesdelegiertenkonferenz

Parteitag: Grüne Friedens- und Sicherheitspolitik in der Zeitenwende

Solidaritätsbekundung an die iranischen Frauen und ihren Kampf für Freiheit auf dem grünen Parteitag in Bonn

Wertegeleitet, multilateral und handlungsfähig: Das ist grüne Friedens- und Sicherheitspolitik. Am Samstag stimmten die Delegierten auf dem Parteitag in Bonn in Gegenwart der Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa für weitere Unterstützung der Demokrat*innen in der Ukraine sowie den Ausbau Erneuerbarer Energien als eine zentrale Dimension von Sicherheitspolitik. Zudem sprachen sie den mutigen iranischen Frauen ihre volle Solidarität für deren Kampf für Freiheit aus.

Am zweiten Tag der 48. Bundesdelegiertenkonferenz der GRÜNEN waren der Freiheitskampf im Iran und der Angriffskrieg auf die Ukraine die beherrschenden Themen.

Multilaterale Ordnung und globale Kooperation

Omid Nouripour, Bundesvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sprach sich im Sinne des Leitantrags „Wertegeleitet, multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und Sicherheitspolitik in der Zeitenwende” dafür aus, den Menschen in der Ukraine zu helfen, wo es möglich ist - auch mit weiteren Waffenlieferungen: „Das ist das Gebot der Stunde: dass wir so schnell wie möglich helfen, weil wir sehen, dass diese Waffen Leben retten." Er fügte hinzu: „Das ist für eine Friedenspartei nicht einfach, aber Frieden ist nicht einfach.”

Unter großem Applaus begrüßte Omid Nouripour Irina Scherbakowa von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, die in ihrer Gastrede betonte: „Wer Frieden will, der muss dafür sorgen, dass die Ukraine alles für ihre Verteidigung Nötige bekommt.“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte zu Putins Angriffskrieg auf die Ukraine: „Jeder einzelne Tag dieses Krieges ist eine Katastrophe. Und deswegen übernehmen wir Verantwortung. Weil wir eine Friedens- und Menschenrechtspartei sind, unterstützen wir die Menschen, ihr Leben zu verteidigen."

„Wir haben uns diese Zeiten nicht ausgesucht, aber es sind unsere Zeiten.”
Annalena Baerbock
Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock spricht auf der 48. Bundesdelegiertenkonferenz

Nach einer ausführlichen Debatte stimmten die Delegierten für den außenpolitischen Leitantrag. Darin halten wir fest: Wir GRÜNEN sind für das Recht auf Selbstverteidigung der Ukrainer*innen gegen den Angriffskrieg von Wladimir Putin. Deshalb liefern wir Waffen an die Ukraine und wollen das weiter tun. Zugleich setzen wir uns mit aller Kraft für den Ausbau der Kapazitäten für zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Diplomatie, humanitäre Hilfe, die Auswärtige Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik sowie für Stabilisierung und Entwicklungszusammenarbeit ein.
Mit der Annahme des Antrags wurde so auch der geltende Rüstungsexportstopp nach Saudi-Arabien bekräftigt und sich für ein restriktives Rüstungsexportgesetz ausgesprochen.

Auch wollen wir eine handlungsfähige EU und deshalb eine Intensivierung der geplanten Erweiterungen sowie spürbare institutionelle Reformen. Unsere gemeinsame europäische Stimme muss stärker werden, genauso wie die Kooperation mit Demokratien weltweit, damit wir uns besser vor Bedrohungen der offenen Gesellschaft sowie unserer Sicherheit wappnen. Der Klimaschutz als Menschheitsaufgabe verpflichtet zur größtmöglichen globalen Zusammenarbeit. Abhängigkeiten von autokratischen Akteuren müssen wir mit Diversifizierung und gemeinsamer europäischer Resilienz-Politik begegnen.

Solidarität mit den mutigen Frauen im Iran

„Liebe GRÜNE, liebes Deutschland, bitte, wir brauchen euch jetzt!” Die Schauspielerin Pegah Ferydoni appellierte an die 48. Bundesdelegiertenkonferenz in Bonn, zu handeln und den Frauen im Iran in ihrem Kampf um die Freiheit beizustehen. Stellvertretende Bundesvorsitzende und vielfaltspolitische Sprecherin Pegah Edalatian betonte in ihrer Rede: „Wir sind die, die unmissverständlich auf der Seite derjenigen stehen, die sich Diktatoren und Imperialisten in den Weg stellen."

„Lasst uns das Versprechen erneuern, als Menschenrechtspartei für Frauen auf der Welt einzustehen. Wir werden sie nicht vergessen, keine Frau im Iran, keine Frau in der Ukraine, keine Frau in Afghanistan oder in Saudi-Arabien”, sagte Omid Nouripour in seiner politischen Rede. Annalena Baerbock bekräftigte: „Frau, Leben, Freiheit. Das ist der Maßstab unserer Politik, das muss der Maßstab für alle Regierungen weltweit sein.”

„Frauenrechte sind nicht verhandelbar."
Omid Nouripour
Bundesvorsitzender Omid Nouripour spricht auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Bonn

„Solidarität mit den mutigen iranischen Frauen und ihrem Kampf für Freiheit” – so lautet der Dringlichkeitsantrag, den der grüne Parteitag am Samstag in Bonn beschlossen hat. Darin fordern wir die Regierung Irans auf, die Diskriminierung und Verfolgung von Menschenrechtsverteidiger*innen, religiösen und ethnischen Minderheiten, Frauen, LGBTQI, Journalist*innen, Umweltaktivist*innen, anders Denkenden und Oppositionellen einzustellen. Angesichts der aktuellen Lage im Iran sprechen wir uns für die Aussetzung von Abschiebungen in den Iran aus und setzen uns für eine Ausweitung der Sanktionen gegen die Verantwortlichen des Régimes in Teheran ein.

„Annalena Baerbock hat feministische Außenpolitik in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt”, so Omid Nouripour. „Ohne sie gäbe es die Abstimmung in der EU, damit es endlich Sanktionen gegen das iranische Regime gibt, nicht."

Die Delegierten beschlossen am Samstag ebenfalls den Dringlichkeitsantrag „Für ein krisenfestes Land: Kritische Infrastruktur schützen und den Bevölkerungsschutz stärken”. Außerdem sprach sich der Parteitag unter anderem für das Recht auf selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch und das Streichen des Paragraphs 218 aus. Außerdem diskutierte die Partei den Antrag “Widerspruchslösung in der Organspende implementieren”, der schlussendlich mit einer knappen Mehrheit beschlossen wurde.

Gedenken an Hans-Christian Ströbele und Katja Husen

Die Partei hat in diesem Jahr gleich zwei große Verluste zu betrauern: Als Mitbegründer unserer Partei hat Hans-Christian Ströbele unsere Politik und unsere Werte über Jahrzehnte in verschiedenen Rollen entscheidend geprägt, wie Jürgen Trittin in der Rede zu Ehren seines langjährigen politischen Weggefährten in Erinnerung rief.

Omid Nouripour gedachte Katja Husen, die über 20 Jahre in den unterschiedlichsten Funktionen in unserer Partei in Hamburg aktiv war. Unsere Gedanken sind bei den Familien, den Freund*innen und Kolleg*innen und allen, die Hans-Christian und Katja nahestanden.