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Unsichtbare Arbeit muss sichtbar werden

South Agency via GettyImages

Wenn die Waschmaschine kaputtgeht, der Kühlschrank leer ist, die Kinder zur Schule müssen und die Eltern von heute auf morgen gepflegt werden müssen – dann zeigt sich, wie unverzichtbar Haus- und Sorgearbeit ist. Diese Arbeit hält unser Land am Laufen, ist Basis für familiäres Zusammenleben und doch bleibt sie oft unsichtbar. Den größten Teil dieser Arbeit leisten nach wie vor Frauen. Wie wir mehr Gerechtigkeit, Strukturen für echte Gleichstellung und bessere Arbeit und eine soziale Infrastruktur, die den Alltag von Millionen Menschen konkret erleichtert. schaffen zeigt das Positionspapier von Franziska Brantner, Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin.

Unsere Forderungen

  1. Öffentlich gefördertes Gutscheinsystem

    für haushaltsnahe Dienstleistungen.

  2. Gleichberechtigung und Gerechtigkeit stärken

    indem Sorgearbeit fair verteilt wird.

  3. Schwarzarbeit zurückdrängen

    und Fachkräftepotenziale heben.

Jährlich werden in Deutschland rund 37 Milliarden Stunden Hausarbeit verrichtet, davon 24 Milliarden von Frauen. Diese Belastung schränkt ihre Chancen auf Erwerbstätigkeit weit mehr ein als Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen. Viele reduzieren deshalb ihre Arbeitszeit oder steigen ganz aus dem Beruf aus. Das bedeutet weniger Einkommen, geringere Rentenansprüche und eingeschränkte berufliche Chancen.

Wir sagen: Haus- und Sorgearbeit ist kein Privatproblem. Sie ist eine gesellschaftliche Aufgabe.

Deshalb brauchen wir Strukturen, die Frauen, Familien, Alleinerziehende und ältere Menschen entlasten und gleichzeitig gute Arbeitsbedingungen für diejenigen schaffen, die haushaltsnahe Dienstleistungen erbringen.

Wachsende Nachfrage – fehlende Angebote

Die Realität vieler Familien ist ein Jonglieren zwischen Job, Kindern, Pflege und Haushalt. Wer Vollzeit arbeitet, weiß: abends bleibt oft keine Energie mehr, um noch zu kochen, die Wohnung zu putzen oder die Wäsche zu machen. Mit dem Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit und einer älter werdenden Bevölkerung wächst somit auch die Nachfrage nach haushaltsnahen Dienstleistungen. Über 4,3 Millionen Haushalte in Deutschland beschäftigten eine Haushaltshilfe, Tendenz steigend. Doch legale Angebote sind rar und oft teuer. Stattdessen arbeiten etwa 90 % der Haushaltshilfen in Deutschland schwarz.

Prekäre Arbeit beenden

Diese Arbeit in privaten Haushalten wird fast ausschließlich von Frauen, häufig mit Migrationsgeschichte, und unter schweren Bedingungen geleistet. Viele putzen, kochen oder betreuen Kinder, ohne Versicherung, ohne Kündigungsschutz, ohne Altersvorsorge. Sie sind weder im Krankheitsfall noch im Alter abgesichert. Viele sind nur im Minijob beschäftigt, sodass die Tätigkeit zur Sicherung der eigenen Existenz nicht ausreicht.

Es ist höchste Zeit, den immensen gesellschaftlichen Wert ihrer Arbeit anzuerkennen und ihnen gute, faire Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Das ist nicht utopisch: Deutschland hinkt hinterher. Andere europäische Länder haben längst Systeme aufgebaut, die legale Angebote fördern und bezahlbar machen.

Unsere Lösung: Öffentliche Förderung mit Gutscheinsystem

Wir wollen, dass legale und faire Angebote für haus­haltsnahe Dienstleistungen endlich konkurrenzfähig werden. Darum setzen wir uns für das Gutschein­modell ein, welches vom Deutschen Gewerkschafts­bund (DGB) vorgeschlagen wurde: die Einführung von staatlichen Zuschüssen für haushaltsnahe Dienstleis­tungen in Form von Gutscheinen, die bei zertifizierten Agenturen eingelöst werden können – verlässlich, bezahlbar und rechtlich abgesichert.

Ein Blick ins Ausland zeigt, wie es funktioniert: In Belgien hat ein solches System hunderttausende reguläre Jobs geschaffen und Schwarzarbeit stark zu­rückgedrängt. In einigen Bundesländern in Deutsch­land laufen bereits Pilotprojekte mit ermutigenden Ergebnissen. Wir wollen das Modell bundes­weit einführen.

Dreifacher Gewinn für Gesellschaft und Staat

1. Aufwertung und Professionalisierung

Eine Reinigungskraft oder Kinderbetreuerin darf nicht länger als „Aushilfe“ gelten. Mit klaren Regeln wer­den aus schlecht bezahlten Jobs echte Berufe mit Tariflöhnen, Weiterbildung und Zukunftsperspektiven. Das stärkt besonders Frauen und gibt ihnen wirtschaftliche Un­abhängigkeit.

2. Entlastung für Familien und Aktivierung von Fachkräften

Eine Familie, die eine verlässliche Haushaltskraft findet, kann Beruf und Alltag besser vereinbaren. Alleinerziehende gewinnen Freiräume, um arbeiten zu können. Ältere Menschen können länger zu Hause bleiben, wenn ihnen im Alltag geholfen wird. Gleich­zeitig werden mehr Menschen erwerbstätig, weil sie nicht mehr alles allein stemmen müssen.

3. Stabile Sozialversicherungen und höhere Steuereinnahmen

Reguläre Jobs bringen Beiträge in die Sozialversiche­rung und Steuereinnahmen für den Staat. Schwarzar­beit wird zurückgedrängt. Gleichzeitig sinkt der Druck auf Pflegeeinrichtungen, weil Unterstützung zu Hause länger möglich ist.

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