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Große Worte für Europa – aber nichts dahinter

Friedrich Merz inszeniert sich als proeuropäischer Kanzler, doch seine Politik steht für nationale Alleingänge, Kuschelkurs mit Trump und leere Versprechen bei der Ukraine-Hilfe. Statt Europas Stärke und Unabhängigkeit zu fördern, gefährdet Schwarz-Rot Freizügigkeit, Sicherheit und die gemeinsame Handlungsfähigkeit. Wir stehen für ein souveränes, handlungsfähiges Europa, das Verantwortung übernimmt – ohne Lippenbekenntnisse.

  • Grenzkontrollen: Friedrich Merz wollte die Europapolitik zur Chefsache machen – zu Recht, denn wir brauchen mehr denn je das Gewicht und die Fähigkeiten der Europäischen Union, um drängende Herausforderungen wie die Klimakrise, den russischen Angriffskrieg oder den Zollstreit mit den USA unter Donald Trump anzugehen. Gleich am ersten Tag seiner Amtszeit reiste er nach Paris und Warschau – das war ein richtiges Signal. Umso enttäuschender ist es, dass sein Innenminister Dobrindt als eine der ersten Amtshandlungen Binnengrenzkontrollen hochfährt und Zurückweisungen von Schutzsuchenden anordnet. Damit wird nicht nur nationales und europäisches Recht ausgehebelt, sondern auch die Axt an eine der wichtigsten Errungenschaften der Europäischen Union gelegt: die Tatsache, dass Menschen sich ganz selbstverständlich grenzüberschreitend innerhalb Europas bewegen können – um zu arbeiten, einzukaufen, Freunde und Familie zu besuchen oder in den Urlaub zu fahren. Durch diese Politik nationaler Alleingänge droht dauerhafter Schaden für ein geeintes Europa der Freizügigkeit und gelebten Nachbarschaft.
  • Kuschelkurs mit Trump statt unabhängigem Europa: Noch wenige Tage nach der Wahl bezeichnete Friedrich Merz ein starkes, von den Vereinigten Staaten unabhängiges Europa als seine „absolute Priorität“. Davon ist ein paar Monate später keine Rede mehr. Lieber verschließt der Kanzler beide Augen vor der Realität und versucht es mit nur allzu offensichtlichen Anbiederungsversuchen beim US-Präsidenten. Auch wenn wir uns um eine bestmögliche Beziehung mit den USA bemühen müssen, braucht es jetzt eine echte Initiative für ein starkes Europa aus Berlin. Sonst werden wir niemals souverän und handlungsfähig vis-a-vis einer US-Administration, auf die wir uns bei essenziellen Fragen nicht mehr verlassen können. / Sonst drohen wir zum Spielball einer US-Administration zu werden, die unsere Werte und Interessen in essenziellen Fragen nicht teilt.
  • Ukraine-Hilfen: Friedrich Merz hat angekündigt, die Ukraine-Unterstützung substanziell zu stärken. Im Wahlkampf hat er beteuert, alles anders als sein Vorgänger Olaf Scholz machen zu wollen und den Marschflugkörper Taurus an die Ukraine zu liefern. Die ersten drei Monate seiner Kanzlerschaft waren geprägt von den schwersten russischen Angriffen seit Beginn der Vollinvasion und einem stückweisen Rückzug der USA unter Donald Trump. Die Ukraine braucht mehr denn je unsere Unterstützung auf allen Ebenen: Luftverteidigung, damit Menschen den russischen Angriffen nicht schutzlos ausgeliefert sind, zivile Unterstützung, damit beispielsweise die Gesundheits- oder Energieversorgung aufrechterhalten werden kann und Druck auf die russische Regierung, endlich ernsthaft an den Verhandlungstisch zu kommen, etwa durch Sanktionen. Der Kanzler findet weiterhin große Worte, aber bei dieser zentralen Frage der Friedenssicherung in Europa es fehlt an Taten.