Bundesfrauenrat 2022 in Berlin

Gruppenfoto mit Banner "Weil alle Frauen das Recht auf körperliche Selbstbestimmung haben"
© gruene.de

In Berlin haben wir in der Neuen Mälzerei auf dem Bundesfrauenrat 2022 den Krieg in der Ukraine aus frauenpolitischer Sicht beleuchtet und über feministische Außenpolitik diskutiert. Die Teilnehmer*innen nutzten den Bundesfrauenrat, um zudem die frauenpolitischen Netzwerke in der Partei zu stärken.

Der Bundesfrauenrat in Berlin begann mit einem frauenpolitischen Blick auf den Krieg in der Ukraine. Das Gespräch führte Julia Woller der grünen Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen mit Kristina Lunz vom Centre for Feminist Foreign Policy und Agnieszka Brugger, Mitglied im Bundestag und dort u.a. im Verteidigungsausschuss.

Gemeinsam betrachteten sie die Situation der Frauen und anderer besonders vulnerabler Gruppen. Diskutiert wurde das auch vor dem Hintergrund einer feministischen Außenpolitik, für die sich die grüne Außenministerin Annalena Baerbock bereits vor dem Krieg in der Ukraine ausgesprochen hatte.

Kristina Lunz erläuterte, dass es bei feministischer Außenpolitik um mehr gehe als die gleiche Politik, nur mit mehr Frauen am Tisch: Es gehe um eine andere Politik mit einem intersektionalen Ansatz, der das Leid der Menschen in den Mittelpunkt der Politik stelle.

Agnieszka Brugger ergänzte, feministische Außenpolitik habe „immer auch mit Empathie und Klugheit zu tun. Noch gelten in diesem Politikfeld männliche Forderungen als Norm und allgemeingültig. Forderungen von Frauen hingegen werden als Partikularinteressen wahrgenommen.” Das müsse sich ändern.

Kristina Lunz schlug einen Expert*innenrat zu feministischer Außenpolitik im Auswärtigen Amt vor. Agnieszka Brugger stellte indes klar, dass Sicherheit und Schutz natürlich auch militärisch bzw. polizeilich gewährt werden müsse. Doch auch die andere Seite der Medaille – zum Beispiel die Frage, wie viel Geld für Hungerbekämpfung und zivilen Wiederaufbau in die Hand genommen wird – müsse stärker beachtet werden.

Aus Überzeugung wird Wirklichkeit

Da der Bundesfrauenrat nach zwei Jahren endlich wieder in Präsenz stattfand, wurde der zweite Teil des Abends für einen Austausch über aktuelle Themen genutzt, auch um die frauenpolitischen Netzwerke in der Partei zu stärken.

„Aus Überzeugung wird Wirklichkeit” – das war dann das Motto des zweiten Sitzungstages. Ricarda Lang, Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ging in ihrer politischen Rede auf die Regierungsbildung und das Regierungshandeln ein: „Gerade im vom Angriffskrieg auf die Ukraine bestimmten politischen Geschehen gilt es, nicht die wichtigen Vorhaben in Bereichen wie Feminismus, Vielfalt und Antidiskriminierung zurückzustellen, sondern sie zu verteidigen und zu erstreiten – als Teil des Einstehens für Demokratie und Freiheitsrechte.”

Die grüne Bundesfamilienministerin Lisa Paus stimmte dem zu und erläuterte die Planung der Vorhaben ihres Ministeriums. Die Schwerpunkte lägen dabei im Bereich Feminismus auf dem Recht auf Selbstbestimmung und im Bereich Gewaltschutz auf der Finanzierungssicherheit für Frauenhäuser. Aktuell gehe es auch darum, Programme für aus der Ukraine geflüchtete Frauen, Kinder und Familien sowie für schutzbedürftige Geflüchtete in Unterkünften zu etablieren. Zudem stehe die Reformation des Familienrechts, das Partnerschaftspaket und die Ablösung des Transsexuellengesetzes durch ein Selbstbestimmungsgesetz an. Das Ministerium werde so zu einem wirklichen Gesellschaftsministerium weiterentwickelt.

Lehren aus der Pandemie

Nach einer inhaltlichen Vorstellung der Bundestagsfraktion ging es schließlich um die Frage nach den Folgen und Erfahrungen der Pandemie mit Blick auf Frauen, insbesondere auf Mütter. Frau Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI der Hans-Böckler-Stiftung, gab einen Überblick: Es wären vor allem Frauen gewesen, die während der Pandemie auf Einkommen und Arbeitszeit verzichtet hätten und den Löwenanteil der gestiegenen Belastung durch den Wegfall der Betreuungsinfrastruktur zu tragen gehabt hätten.

In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Ekin Deligöz, Staatssekretärin im BMFSFJ, Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, der Journalistin und Autorin Mareice Kaiser sowie und Yvonne Bovermann, Geschäftsführerin des Müttergenesungswerks, ging es vor allem darum, die Punkte offenzulegen, die für dieses Rollback von Frauen bei der Erwerbstätigkeit verantwortlich sind.

Nach einer lebhaften Diskussion wurde dazu ein Leitantrag beschlossen. Dass auch selbstständigen Frauen Schutz und Absicherung rund um Schwangerschaft und Geburt zusteht, wurde in einem zweiten Beschluss festgehalten.

Unter dem Motto „Banden bilden“ berichtete schließlich Pegah Edalatian, stellvertretende Bundesvorsitzende und vielfaltspolitische Sprecherin des Bundesverbands von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, von der ersten Sitzung des Diversitätsrates. Sie unterstrich die Bedeutung eines gemeinsamen Vorgehens mit dem Bundesfrauenrat bei der Bekämpfung von Diskriminierung und sprach sich für eine Zusammenarbeit auf der Diversitätskonferenz 2022 und der Frauenkonferenz 2023 aus.