Wir stärken den Rechtsstaat

Bronze-Statue von Justitia mit verbundenen Augen, einem Schwer in der einen und einer Waage in der anderen Hand.
© Pixabay / William Cho

Wir stärken den Rechtsstaat

Wir Grüne verteidigen den freiheitlichen Rechtsstaat und die Bürgerrechte, auch wenn es unbequem ist. Grüne Rechtspolitik steht für den konsequenten Schutz von Grund- und Menschenrechten, für das Grundgesetz. Wir streiten für bestens ausgestattete Gerichte und Strafverfolgungsbehörden, für die Unabhängigkeit von Justiz und selbstverwalteter Anwaltschaft, für die Objektivität von Staatsanwaltschaft und Polizei. Und wir arbeiten dafür, dass alle den gleichen Zugang zum Recht haben.

Wir stehen für einen starken Rechtsstaat, der die Bürgerrechte immer im Blick hat, Freiheit und Sicherheit gewährleistet und effektiv gegen Diskriminierungen und Benachteiligungen vorgeht. Alle Menschen sollen selbstbestimmt und diskriminierungsfrei ihr Leben leben können. Auch die Rechte von Kindern wollen wir besser schützen.

Der Rechtsstaat muss dafür sorgen, dass Menschen ihr Recht auch gegenüber wirtschaftlich Stärkeren wirksam durchsetzen können, zum Beispiel in Fällen wie dem Diesel-Abgas-Betrug.

Das haben wir vor: So verwirklichen wir unsere rechtspolitischen Ziele

  • Den Rechtsstaat gibt es nicht zum Nulltarif, daher wollen wir gezielt dort die Finanzierung verbessern, wo es bisher hakt. Wir wollen Staatsanwaltschaft und Gerichte besser ausstatten, sie brauchen dringend Entlastung durch mehr Personal. Zur Entlastung der Justiz können aber auch außergerichtliche Streitbeilegung, die Entkriminalisierung von Bagatelldelikten und eine flächendeckende Ausstattung mit moderner Technik beitragen. Daher werden wir die Digitalisierung der Justiz wie auch ihren Personalbedarf durch einen Bund-Länder-Digitalpakt Justiz in Fortsetzung und Konkretisierung des Ende 2021 auslaufenden Pakts für den Rechtsstaat finanzieren.
  • Ein guter Rechtsstaat braucht aber auch gute Gesetze. Daher wollen wir zentrale Leitvorgaben für Staat und Gesellschaft im Grundgesetz sichtbar und steuerungsfähig verankern.
    • Wir wollen den Begriff der „Rasse“ im Grundgesetz durch „rassistisch“ ersetzen und die bestehenden Diskriminierungsverbote durch einen Gewährleistungsauftrag („Der Staat gewährleistet Schutz gegen jedwede gruppenbezogene Verletzung der gleichen Würde aller Menschen und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“) ergänzen.
    • Diskriminierungen aufgrund der „sexuellen Identität“ wollen wir explizit ausschließen.
    • Wir werden sicherstellen, dass die Rechte und das Wohl von Kindern bei staatlichen Entscheidungen ein größeres Gewicht bekommen und maßgeblich berücksichtigt werden. Deshalb müssen starke Kinderrechte entlang der Grundprinzipien der UN-Kinderrechtskonvention ins Grundgesetz.
    • Der Klimaschutz ist die Menschheitsaufgabe, um unser Leben auf dem Planeten zu sichern. Wir wollen die Vorgaben des Pariser Klimavertrages sowie den Atomausstieg im Grundgesetz verankern und Ökologie als weiteres Grundprinzip staatlichen Handelns stärken.
    • Das Wahlalter wollen wir in der nächsten Legislaturperiode auf 16 Jahre senken.
  • Wir wollen den Zugang zum Recht stärken. Gerichtsverfahren kosten (fast immer) Geld. Der freie und gleiche Zugang zum Recht ist Kernstück eines gelebten Rechtsstaats und soll unabhängig vom Geldbeutel oder Wohnort für jede*n offen sein. Damit Menschen ihr Recht auch gegenüber wirtschaftlich Stärkeren wirksam durchsetzen können, wollen wir die Gruppenklage einführen, damit Menschen auch bei kleineren, aber massenhaft auftretenden Schäden effektiv zu ihrem Recht kommen und zum Beispiel Schadensersatz bekommen. Den kollektiven Rechtsschutz wollen wir deshalb verallgemeinert und vereinheitlicht als Gruppenklage in die Zivilprozessordnung integrieren. So stellen wir sicher, dass auch bei kleineren, aber massenhaft auftretenden Schäden die Geschädigten effektiv zu ihrem Recht kommen und zum Beispiel Schadensersatz erhalten.
  • Wir fördern und vereinfachen die elektronische Kommunikation zwischen Bürger*innen und Justiz. Dazu gehört der leichte Zugang zum Recht durch schnelle Online-Verfahren für einfache Rechtssachen.
  • In Strafverfahren wollen wir die Opferrechte von Kindern weiter stärken. Mehrfache Vernehmungen müssen vermieden und die Befragungen kindgerecht ausgestaltet sein.
  • Sexualisierte Gewalt gegen Kinder muss konsequent aufgeklärt und verfolgt werden, vor allem durch mehr – insbesondere auch auf Internetkriminalität spezialisiertes – Personal bei Polizei und Staatsanwaltschaften.
  • Das Strafrecht ist für uns Ultima Ratio. Aber wo es zu strafbarem und strafwürdigem Verhalten kommt, muss dieses auch geahndet werden. Wenn nötig, müssen dazu auch Straftatbestände angepasst werden, aber nur dann, wenn tatsächlich Schutzlücken bestehen, die nicht nur das Ergebnis von Vollzugsdefiziten sind. Was aber nicht vor ein Strafgericht gehört, wollen wir aus der Strafbarkeit rausnehmen, so Strafverfolgung und Justiz entlasten und mehr auf schwere Fälle konzentrieren. Deshalb werden wir eine unabhängige Evaluation der Strafgesetze auf Wirksamkeit und Notwendigkeit starten.
  • Zum Beispiel richtet das strafrechtliche Verbot von Cannabis mehr Schaden an, als dass es nützt. Deshalb werden wir dem Schwarzmarkt den Boden entziehen und mit einem Cannabiskontrollgesetz auf der Grundlage eines strikten Jugend- und Verbraucherschutzes einen regulierten Verkauf von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften ermöglichen und klare Regelungen für die Teilnahme am Straßenverkehr einführen. Außerdem setzen wir uns für intelligente Alternativen zur Strafsanktion ein, etwa gemeinnützige Arbeit („Schwitzen statt sitzen“). Das entlastet die Justiz.

Fragen und Antworten

Was sagen die Grünen zum Thema Strafverfolgung?

Die Koalition aus CDU/CSU und SPD hat das Straf- (und Strafverfahrensrecht) in den letzten Jahren allerdings völlig inkonsistent verschärft und es gibt keine Belege für die Wirksamkeit dieser Politik. Aus diesem Grund haben wir in der Vergangenheit Strafrechtsänderungen teilweise widersprochen und wollen eine gründliche Evaluation. Wir wollen ein funktionierendes ausgewogenes und gerechtes Straf- (und Strafverfahrens)recht. In der Kriminalwissenschaft ist es seit Jahrzehnten Allgemeingut: Nicht höhere Strafen haben abschreckende Wirkung, sondern eine höhere Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden. In einer effizienten und gerechten Strafverfolgung muss daher der Schwerpunkt liegen und nicht im ständigen Hochschrauben beim Strafmaß.

Warum dauern Gerichtsverfahren vielfach lange und was wollen die Grünen da ändern?

Damit Menschen schneller zu ihrem Recht kommen und auch Urteile nicht zu lange auf sich warten lassen, braucht die Justiz die nötige personelle und technische Ausstattung. Wir brauchen aber zusätzlich ein groß angelegtes Justizmodernisierungsprogramm. Gerade die Corona-Zeit hat dabei noch einmal deutlich gemacht, dass insbesondere auch das Prozessrecht einer Reform bedarf, damit beispielsweise auch das volle Potenzial von Videokonferenzen in geeigneten Gerichtsverfahren genutzt werden kann. Wir wollen in Fortsetzung und Konkretisierung des bis Ende 2021 laufenden Paktes für den Rechtsstaat einen Bund-Länder-Digitalpakt Justiz vereinbaren und angemessen finanzieren.

Warum wollen die Grünen Whistleblower schützen?

Hinweisgeber*innen verteidigen die Rechte anderer und gehen dabei große persönliche Risiken ein. Wir wollen, dass Whistleblower*innen wie Edward Snowden, dem wir die Aufdeckung der weltweiten Ausspähung und Massenüberwachung durch zahlreiche Nachrichtendienste zu verdanken haben, frei und sicher in einem demokratischen Land leben können und ihnen dies auch in Deutschland anbieten.

Davon abgesehen muss die EU-Whistleblower-Richtlinie endlich in Deutschland umgesetzt werden. Die Frist dazu endet schon im Dezember 2021 und hätte eigentlich schon vor der Wahl passieren müssen. CDU/CSU und SPD haben das Thema aber nur vor sich hergeschoben. Für uns ist klar: Wir wollen ein Hinweisgeberschutzgesetz, das die EU-Whistleblower-Richtlinie ambitioniert und umfassend in nationales Recht umsetzt und durch einen Entschädigungsfonds ergänzt wird. Damit die Furcht vor dem persönlichen finanziellen Ruin infolge der Offenlegung von gegebenenfalls strafbaren Handlungen den/die Whistleblower*in nicht abhält.

Was tun die Grünen gegen Wirtschaftskriminalität?

Wir Grüne wollen eine bessere Verfolgung und Sanktionierung von Straftaten, die aus Unternehmen heraus begangen werden. Der Rechtsstaat misst sich schließlich nicht zuletzt daran, wie er mit den Verfehlungen der Starken und den Rechten der Schwachen umgeht. Auch ist es nachweislich schlecht für den Wirtschafts- und für den Rechtsstandort Deutschland, wenn strafwürdiges Verhalten in großem Stil nicht verfolgt wird, denn Wirtschaftsstraftaten machen einen Großteil der polizeilich erfassten finanziellen Schädigungen aus. Bei Rechtsverstößen werden wir Unternehmen deshalb künftig wirksamer zur Rechenschaft ziehen. Ziel ist, die bereits verstreut bestehenden Regelungen in einem eigenständigen Gesetz gegen Wirtschaftskriminalität zusammenzufassen und zu ergänzen.

Um zu verhindern, dass Rechtsverstöße von Unternehmen wegen organisierter Unverantwortlichkeit nicht geahndet werden können, soll künftig auch an das Organisationsverschulden angeknüpft werden können. Wichtig ist vor allem, dass unrechtmäßig erlangte Gewinne nicht bei den Täter*innen verbleiben, zum Beispiel, indem unrechtmäßiger Gewinn bei der Abschöpfung geschätzt werden darf.