Wir sorgen für Sicherheit und erhalten die Freiheit

Zwei Polizist*innen stehen mit dem Rücken zum Bild gerichtet und schauen in die Richtung mehrerer Menschen.
© unplash / Markus Spiske

Wir sorgen für Sicherheit und erhalten die Freiheit

Nur ein starker demokratischer Rechtsstaat kann Bedrohungen effektiv abwehren, Grundrechte schützen, Sicherheit für alle Bevölkerungsgruppen garantieren und unsere Freiheit bewahren. Unsere Demokratie muss wehrhaft bleiben, mit einer starken Zivilgesellschaft, selbstbewussten Parlamenten, einer gut ausgestatteten, transparenten und bürger*innennahen Polizei und einer handlungsfähigen, starken Justiz. Es ist Aufgabe der Politik, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Eine wirksame Innenpolitik, die tatsächlich mehr Sicherheit schafft, gründet sich auf Fakten, bedient sich verfassungskonformer Instrumente und spielt nicht mit den Ängsten der Bevölkerung.

Wir stehen für einen Paradigmenwechsel hin zu einer neuen progressiven und rationalen Sicherheits- und Kriminalpolitik, die auf Fakten gründet, statt anlasslos Bürger*innen zu überwachen und Sicherheitsbehörden mit ausufernden Befugnissen auszustatten.

Die rechtsterroristischen Anschläge von Halle und Hanau, der Mord an Walter Lübcke, Waffenlager-Funde bei Rechtsextremen und Verschwörungsideologen, Rassismus und Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden, aber auch der islamistisch motivierte Anschlag auf dem Breitscheidplatz oder der homophob motivierte Mord in Dresden zeigen: Unsere Freiheit und Demokratie werden massiv angegriffen.

Dem wollen wir mit einer bürgernahen, transparenten und starken Polizei entgegentreten. Denn Deutschland ist grundsätzlich ein sicheres Land. Das liegt auch an der guten Arbeit vieler Polizistinnen und Polizisten. Unser Ziel ist es, die Sicherheitsbehörden künftig so aufzustellen, dass sie zielgerichtet und gut abgestimmt arbeiten und basierend auf klaren rechtsstaatlichen Prinzipien geordnet und effektiv kooperieren. Wir wollen demokratisch kontrollierte Institutionen, die konkrete Gefahren zielgerichtet abwehren, die den Menschen- und Bürgerrechten verpflichtet sind und das Vertrauen der Bürger*innen genießen.

Wir wollen eine andere Schwerpunktsetzung in der Sicherheitspolitik: Prävention und De-Radikalisierung sowie Waffenrechts-Verschärfungen müssen bei der Kriminalitätsbekämpfung im Mittelpunkt stehen. Durch konsequente Anwendung bestehender Gesetze wird effektiv die Sicherheit gefördert. Pauschale Straf- und Gesetzesverschärfungen ohne tatsächlichen Nutzen lehnen wir ab.

Das haben wir vor: So sorgen wir für Sicherheit und erhalten die Freiheit

  • Konkrete Gefahren werden nicht durch Massenüberwachung abgewehrt, sondern durch zielgerichtete Maßnahmen, wie die engmaschige Observation von Gefährdern, und konsequente Anwendung bestehender Befugnisse durch personell wie technisch gut ausgestattete Sicherheitsbehörden.
  • Starke, transparente und bürgernahe Polizei: Für ihre Aufgaben wie Prävention, Aufklärung und Strafverfolgung und den Schutz der Grundrechte wollen wir die Polizei stärken, in der Stadt und auf dem Land, analog und digital. Den früheren Personalabbau bei Bundespolizei und Bundeskriminalamt wollen wir durch eine Offensive bei der Besetzung offener Stellen beheben und gleichzeitig spezialisierte Ausbildungen und Studiengänge ermöglichen. Wir wollen, dass die Polizei die Diversität der Bevölkerung widerspiegelt, eine bessere Fehlerkultur und die Einführung einer/s Bundespolizeibeauftragten, wohin sich Polizist*innen wie auch Bürger*innen bei Missständen wenden können sowie unabhängige wissenschaftliche Studien über verfassungsfeindliche Einstellungen.
  • Die Kooperation und Kommunikation zwischen den Sicherheitsbehörden auch über Ländergrenzen muss reformiert werden, wozu die Schaffung rechtlicher Grundlagen für die Terrorabwehrzentren GTAZ (= Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum-zuständig für islamistischen Terrorismus) und GETZ (= Gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum) gehört.
  • Rationale Sicherheitspolitik setzt eine solide Faktenlage und klare Zuständigkeiten voraus. Deshalb werden wir den Periodischen Sicherheitsbericht wieder einführen, dessen Aussagekraft sich in der Vergangenheit bewährt hat.
  • Verschärfung des Waffenrechts: Um Attentate zu erschweren, werden wir illegalen Waffenhandel, auch und gerade auf Online-Marktplätzen verstärkt verfolgen. Doch jedes Jahr sterben Menschen auch durch legale Waffen, beim Hantieren mit ihnen oder durch Straftaten. Um ein valides Bild über die Dimensionen und Ursachen solcher Straftaten zu bekommen, muss dokumentiert werden, ob eine Straftat mit einer legalen oder illegalen Schusswaffe begangen wurde, ob es bei der Tat auch zu einer Schussabgabe kam und ob die oder der Tatverdächtige berechtigt war, die Waffe zu besitzen oder nicht. Jeder Mensch, der durch eine Waffe stirbt, ist einer zu viel. Deshalb wollen wir die Verfügbarkeit von tödlichen Schusswaffen - außer für Jäger*innen, die ohne diese Waffen ihre Aufgaben nicht erfüllen können - schrittweise beenden.
  • Verfassungsschutz neu ordnen: Wir wollen den Verfassungsschutz strukturell neu aufstellen: zum einen mit einem unabhängigen, wissenschaftlich und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft aus öffentlichen Quellen arbeitenden Institut zum Schutz der Verfassung. Zum anderen mit einem verkleinerten Bundesamt für Gefahrenerkennung und Spionageabwehr, das mit rechtsstaatskonformen nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet. Um Vertrauen zurückzugewinnen werden wir die Kontrolle der Arbeit der Nachrichtendienste stärken und den Einsatz menschlicher Quellen gesetzlich regeln.

Fragen und Antworten

Was denken die Grünen über die Polizei?

Wir sind für eine personelle Stärkung, modernste Ausstattung und angemessene Aus- und Fortbildung der Polizei, um mehr Sicherheit und Bürger*innennähe zu schaffen. Schon seit vielen Jahren arbeiten wir in Bund und Ländern intensiv mit Polizei-Vertreter*innen zusammen - denn wir wissen, Freiheit fällt nicht vom Himmel und für ihren Schutz brauchen wir auch die Expertise und Erfahrungen der vielen Polizist*innen. Wenn wir gegen rechtsextreme Netzwerke in der Polizei schonungslos vorgehen wollen, dann tun wir das für eine wehrhafte Demokratie und zum Schutz des Großteils der Polizist*innen, die mit beiden Füßen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und dafür tagtäglich hohen Einsatz zeigen. Weil die Polizei für unsere Sicherheit so wichtig ist und das Gewaltmonopol des Staates ausübt, braucht sie aber auch eine starke rechtsstaatliche Kontrolle. Dies hat das Bundesministerium des Innern - seit 2005 durchgehend geführt von Ministern der CDU/CSU – bis heute sträflich vernachlässigt. Das Vertrauen in Polizei und Nachrichtendienste wurde in dieser Zeit durch viele Skandale stark beschädigt. Von dort gibt es auf alle Herausforderungen in der Inneren Sicherheit immer die gleichen Antworten: symbolhafte Law&Order-Politik im Hauruckverfahren, „Datensammelflut“ der Sicherheitsbehörden und tiefe Eingriffe in Grundrechte ‒ ohne vorherige Fehleranalyse, ohne Prüfung der Effektivität und Wirksamkeit, ohne seriöse Folgenabschätzung. Nicht umsonst scheitern einschlägige Gesetze immer wieder vor dem Bundesverfassungsgericht.

Kommen mit geflüchteten Menschen auch Gefährder nach Deutschland?

Alle Geflüchteten wegen Einzelner unter Generalverdacht zu stellen, wäre unredlich und inhuman gegenüber den vielen Menschen, die durch größtes Leid gezwungen sind ihre bisherige Heimat zu verlassen.

Vereinzelt sind auch „Gefährder“ – ob getarnt oder später radikalisiert – nach Deutschland und Europa gekommen. Attentate zu verhindern ist zentrale Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Wenn bei der Registrierung im Asylverfahren der Verdacht auf Islamismus aufkommt, werden bereits zu Beginn Sicherheitsbehörden beteiligt.

Islamistischer Terrorismus ist kein neues Phänomen und hat seine Wurzeln auch inmitten unserer Gesellschaft. Es radikalisieren sich Menschen, die hier aufgewachsen sind. Das mussten wir in Frankreich, Belgien oder Deutschland erleben. Gewaltbereiter Islamismus spricht Jugendliche aller sozialen Schichten und aller religiösen, nationalen oder kulturellen Herkunft an. Zur Terrorabwehr gehört deshalb auch immer eine wirkungsvolle Prävention. Wir fordern: Bund, Länder, Kommunen und zivilgesellschaftliche Institutionen müssen endlich gemeinsam in einem bundesweiten Präventionsnetzwerk arbeiten und Programme zur De-Radikalisierung und für Aussteiger*innen stärken.

Wie stehen die Grünen zum Verfassungsschutz?

Wir wollen einen strukturellen Neustart beim Verfassungsschutz. Der Verfassungsschutz hat in der Vergangenheit viel Vertrauen verspielt, vor allem im Hinblick auf den NSU-Komplex und auf den Fall des islamistisch motivierten Attentäters vom Breitscheidplatz. Es sind Veränderungen beim Verfassungsschutz, insbesondere durch einen personellen Neuanfang, zu beobachten. Dennoch muss ein struktureller Neustart folgen, mit dem die Analysefähigkeit des Verfassungsschutzes verbessert wird. Wir wollen deshalb ein Bundesamt für Gefahrenerkennung und pionageabwehr gründen, das mit nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet. Um die Strukturen und Zusammenhänge demokratie- und menschenfeindlicher Bestrebungen wie Islamismus oder Rassismus effizient zu beobachten und zu analysieren, wollen wir als zweite Säule ein unabhängiges, wissenschaftlich arbeitendes Institut zum Schutz der Verfassung errichten.

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