Wir kämpfen für eine gerechte Globalisierung

Zwei Frauen arbeiten auf einem Feld mit frischen Setzlingen.
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Wir kämpfen für eine gerechte Globalisierung

Globale Herausforderungen wie Pandemien, Hunger, Migration, Klima- oder Finanzkrise brauchen globale Lösungen. Die Zeit drängt. Wir wollen die weltweite sozial-ökologische Transformation vorantreiben. Die Menschenrechte, die globalen Nachhaltigkeitsziele und das Pariser Klimaabkommen sind hierfür wichtige Fundamente. Deutschland und die EU müssen beim Schutz globaler Güter, einer gerechten Ressourcenverteilung und bei der Schaffung fairer Entwicklungschancen vorangehen und die notwendigen Mittel bereitstellen.

Unser Wirtschafts- und Wachstumsmodell ist unfair und stößt an planetare Grenzen. Klima-, Umwelt-, Ressourcen- und Verteilungskrisen sind die Folge. Die Ungleichheit in und zwischen den Staaten nimmt zu. Freiheit und menschliche Sicherheit sind bedroht. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung weiter befördert.

Als führende Exportnation muss Deutschland einen führenden Beitrag zur gerechteren und nachhaltigeren Globalisierung leisten. Wir fordern die Einhaltung der Menschenrechte, der UN-Nachhaltigkeitsziele sowie des 1,5 Grad Ziels nicht nur von anderen ein. Wir müssen diese selbst systematisch im Blick behalten und hierfür die Ressourcen und Instrumente zur Verfügung stellen.

Wir wollen Armut und soziale Ungleichheit verringern, Geschlechtergerechtigkeit, Bildung und Gesundheit fördern, mit einer globalen Agrarwende den Hunger beenden, die Klimakrise bekämpfen, Demokratie und Menschenrechte stärken und faire Handelsabkommen schließen. Es ist im Eigeninteresse der Wirtschaft, mehr Verantwortung für das Gemeinwohl und eine gerechtere Globalisierung zu übernehmen. Wir setzen hierbei auch auf globale Steuergerechtigkeit sowie ein wirkungsvolles Lieferkettengesetz.

Entwicklungspolitik ist für uns globale Strukturpolitik, die Beiträge für globale Gerechtigkeit liefert und konkret zur Umsetzung dieser Ziele beiträgt. Das heißt für uns auch, unsere Beziehungen zum Globalen Süden von kolonialen und patriarchalen Denkmustern zu befreien, unsere Handelspolitik fairer zu gestalten, Staateninsolvenzverfahren zu schaffen, für mehr Gerechtigkeit in internationalen Organisationen wie Weltbank und IWF zu sorgen sowie unsere Verpflichtungen zur internationalen Entwicklungs-und Klimafinanzierung verlässlich einzuhalten. Wir wollen die Vereinten Nationen und multilaterale Zusammenarbeit stärken, um mit der EU und den VN mehr Wirkung für Entwicklung zu erzielen. Mit unseren Partner*innen im Globalen Süden aus Regierungen und Zivilgesellschaft arbeiten wir gleichberechtigt.

Das haben wir vor: Grüne Entwicklungspolitik als globale Strukturpolitik

  • Wir werden die 0,7-% Zusage zur Entwicklungsfinanzierung (ODA) bis 2025 erfüllen sowie weitere 10 Mrd. für die internationale Klimafinanzierung bereitstellen.
  • Wir wollen alle Politikbereiche auf die sozial-ökologische Transformation ausrichten, einen Nationalen Rat für Frieden, Nachhaltigkeit und Menschenrechte einrichten sowie einen Nachhaltigkeits- und Menschenrechts-TÜV einführen.
  • Klimagerechtigkeit treiben wir voran, indem wir Klimapartnerschaften bzw. die bestehenden Fonds für Klimaanpassung und Klimaschutz stärken und uns für einen neuen Fonds zum Ausgleich von Schäden und Verlusten einsetzen. Entwicklungs- und Investitionsbanken wie die Weltbank sollen zu Transformationsbanken umgebaut werden.
  • Gesundheitssysteme müssen leistungsfähig und für alle zugänglich sein. Dazu wollen wir die WHO als koordinierende Organisation der globalen Gesundheit mit deutlich höheren Beiträgen und einem klaren Mandat befähigen.
  • Für die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und der Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen werden wir die internationale Zusammenarbeit finanziell und konzeptionell darauf ausrichten, Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsaufgabe zu erreichen sowie reproduktive Gesundheit und das Recht auf Bildung in allen Projekten zu verankern.
  • Wir wollen Armut weltweit bekämpfen und zur Stärkung von sozialen Sicherungssystemen beitragen. Durch finanzielle Direkthilfen („social cash transfers“) können in einem ersten Schritt im Rahmen der ODA-Mittel besonders Bedürftige abgesichert werden.
  • Wir wollen die globale Agrarwende vorantreiben. Wir setzen uns ein für Agrarökologie, Landrechte, den Schutz der Biodiversität und regionale Wirtschaftskreisläufe. Wir wollen Nahrungsmittelspekulationen verbieten sowie die Rechte der Kleinbäuer*innen fördern.
  • Damit Unternehmen künftig Umwelt- und Sozialstandards sowie Menschenrechte entlang der gesamten internationalen Produktions- und Lieferkette achten und durchsetzen, braucht es auf europäischer Ebene ein weitreichendes Lieferkettengesetz. Unternehmen müssen im Schadensfall zivilrechtlich in Haftung genommen werden können.
  • Wir wollen international Mindeststandards für die Steuerpflichten von Unternehmen und Staaten und die Vereinten Nationen in Steuerfragen stärken. Internationale Konzerne müssen ihre Gewinne nach Ländern aufschlüsseln und Briefkastenfirmen entziehen wir durch ein Transparenzregister die Grundlage. Für überschuldete Staaten soll ein rechtlich verbindliches Verfahren zur Umstrukturierung aller Schulden bei Staaten und privaten Gläubiger*innen etabliert werden.
  • Wir wollen eine kooperative Weltwährungsordnung. Der IWF muss in Krisensituationen sehr viel mehr Liquidität bereitstellen. Deutschland und Europa können vorangehen und ihre Stimmrechte zusammenlegen sowie nicht genutzte Sonderziehungsrechte Entwicklungsländern zur Verfügung stellen, wie Kanada es bereits getan hat.

Fragen und Antworten

Welchen Stellenwert haben die Themen Umweltschutz, Armutsbekämpfung und Soziales bei den Grünen?

Für uns Grüne gehören alle Bereiche untrennbar zusammen. Es gibt kein Entweder-Oder. Denn soziale Gerechtigkeit und der Schutz von globalen Gemeingütern wie der Meere, tropischer Regenwälder oder der Atmosphäre bedingen sich gegenseitig. Nur wenn wir den Schutz der natürlichen Grundlagen unseres Planeten UND die Menschenrechte berücksichtigen sowie das Recht auf Entwicklung respektieren, haben alle Länder dieser Welt die Chance auf zukunftsfähige Entwicklung im Rahmen der planetaren Grenzen. Nur das sichert gutes Leben weltweit. Gerade die reicheren Industrieländer müssen aufgrund ihrer Verantwortung mit gutem Vorbild vorangehen und die Umsetzung des Klimaabkommens und der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) als Vorreiter vorantreiben.

Was haben Entwicklungsgelder mit Migrations- und Grenzmanagement zu tun?

Entwicklungsgelder sind nicht dazu da, Menschen auf der Flucht von Europa fernzuhalten. Aber immer mehr Mittel werden für Migrations- und Grenzmanagement und die Abwehr von Flüchtlingen zweckentfremdet. Verstärkte Grenzen erschweren auch die regionale Entwicklung, zum Beispiel in Westafrika. Diese Gelder fehlen bei der Schaffung von Lebensperspektiven vor Ort. Denn Entwicklungszusammenarbeit soll dazu beitragen, dass Staaten und Regierungen in der Lage sind, ihren Bürger*innen ein Leben in Freiheit und Würde und ohne Furcht und Not zu ermöglichen. Wer verhindern will, dass Menschen überhaupt fliehen müssen oder gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, muss die strukturellen Ursachen von Flucht und damit auch unseren Teil der Verantwortung mit in den Blick nehmen. Deshalb machen wir uns z.B. für ein gerechtes Handelssystem, eine nachhaltige Agrarpolitik und einen Stopp der Rüstungsexporte an menschenrechtsverachtende Regime stark.

Warum müssen wir mehr Geld ausgeben, wenn das 0,7-% Ziel für globale Entwicklung doch 2020 erreicht ist?

2020 wurde das 0,7-% Ziel zwar erreicht, doch für die nächsten Jahre wurde wieder viel zu wenig Geld dafür im Haushalt eingeplant. Für die Bewältigung der Corona-Krise und die globale sozial-ökologische Transformation braucht es jedoch diese Finanzmittel. Wir wollen das 0,7-% Ziel für ODA dauerhaft und verlässlich erreichen. Außerdem rechnet die Bundesregierung die internationalen Klimagelder mit ein, obwohl diese separat versprochen wurden. Sie sind zusätzlich dringend nötig, damit armen Staaten bei der Anpassung an die Folgen der Klimakrise geholfen werden kann. Wir zeigen in unserem Grünen Finanzplan für Entwicklung und Klima, wie wir das 0,7%-Ziel verlässlich erreichen – ohne Flüchtlingskosten einzurechnen und mit zusätzlichen Klimageldern.

Wie stehen die Grünen zu Privatinvestitionen?

Privatinvestitionen und deutsche Firmen können wichtige Beiträge leisten, wie etwa beim Technologietransfer für Erneuerbare Energien. Aber Entwicklungszusammenarbeit (EZ) dient nicht vorrangig dazu, die deutsche Wirtschaft zu fördern. Dafür gibt es eigene Instrumente der Außenwirtschaftsförderung. Grüne EZ will vielmehr die Lebensbedingungen vor Ort im Globalen Süden verbessern. Dort soll inklusives wirtschaftliches Wachstum ermöglicht werden, indem mehr Wertschöpfung vor Ort verbleibt und nachhaltige Arbeitsplätze entstehen. Daher braucht es die Stärkung der lokalen Wirtschaft. Bei vielen privaten Projekten schöpfen aber vor allem internationale Unternehmen die Gewinne ab, oft sogar, ohne vor Ort Steuern zu zahlen oder nachhaltig zu wirtschaften.

Welche Auswirkung hat eine Nachschärfung des Lieferkettengesetzes auf die deutsche Wirtschaft?

Wir wollen nachschärfen, aber nicht zum Nachteil der Unternehmen. Denn nur mit einem wirksamen Lieferkettengesetz bleibt die exportabhängige deutsche Wirtschaft in Zukunft noch wettbewerbsfähig. Das haben viele Unternehmen längst erkannt und befürworten das Gesetz sowie auch seine Nachschärfung, etwa bezogen auf die Unternehmensgröße und die Tiefe der Berichterstattung. Einige Staaten (z.B. Großbritannien und Frankreich) haben bereits Gesetze erlassen und die EU plant, mit einem Gesetz nachzuziehen, das deutlich strengere Vorgaben vorsieht als das deutsche Gesetz. Ein starkes deutsches Lieferkettengesetz bereitet die Unternehmen also rechtzeitig auf die europäische Gesetzgebung vor.