Zwar steigt die Quote weiblicher Tatverdächtiger seit Jahren kontinuierlich an, dennoch ist weibliche Kriminalität nach wie vor qualitativ wie auch quantitativ geringer ausgeprägt als männliche. Knapp 25% aller Tatverdächtigen sind Frauen, in den Gefängnissen ist der Anteil von Frauen mit ca. 6% der Inhaftierten noch geringer. Inhaftierte sind sehr häufig selbst Opfer von Gewalt geworden, dies gilt insbesondere auch für Frauen. Hinzu kommen Sucht oder missbräuchlicher Umgang mit Drogen, Alkohol, Tabletten. Ebenso überproportional leiden Inhaftierte unter psychischen Erkrankungen. Über 50% der Inhaftierten Frauen sind Mütter, die über das Verlassen der Kinder zusätzlich einem Stressfaktor ausgesetzt sind.
Viele Belastungen, denen Frauen ausgesetzt sind, sind zwar individuell-biographisch, allerdings durchzieht die strukturelle Benachteiligung vor allem im Hinblick auf Gewalterfahrungen durch Männer und die Hauptverantwortung für Kinder, das Leben der inhaftierten Frauen. Dem Umstand, dass so wenige Frauen inhaftiert sind, folgen weitere Benachteiligungen. So ist ein wohnortnaher Vollzug in den seltensten Fällen möglich. Denn in Deutschland gibt es lediglich sieben originäre Frauenhaftanstalten. Die meisten sind in eigenständigen Abteilungen innerhalb einer Männer JVA untergebracht. Einige Länder, haben gar keinen Frauenvollzug mehr.
Gemeinsam mit dem Leiter der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta, Oliver Weßels sowie Lydia Halbhuber-Gassner, Dipl.Sozialpädagogin, seit 1992 Referentin für Gefährdetenhilfe beim Sozialdienst katholischer Frauen, Landesstelle Bayern e.V. und stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe wollen wir nicht nur der Frage nachgehen, wie und warum Frauen straffällig werden, sondern viel mehr wie eine Vollzugspraxis den strukturellen Benachteiligungen inhaftierter Frauen Rechnung tragen kann. Wie kann Frauen in einer totalen Institution, wie dem Gefängnis, dahingehend Autonomie zurückgegeben werden, einen Weg aus patriarchalen Abhängigkeiten einerseits und reale Gestaltungsmöglichkeiten durch einen Schul- oder Berufsabschluss und nicht zuletzt Verantwortung für ihre Kinder (neu) zu erlernen, andererseits, zu finden.
mit
Oliver Weßels, JVA für Frauen
Lydia Halbhuber-Gassner, Referentin für Gefährdetenhilfebeim Sozialdienst katholischer Frauen und stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe
Katja Meier, Sächsische Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung