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Artikel

Resolution der BAG Landwirtschaft & ländliche Entwicklung und der BAG Christ*innen zu gentechnischen Verfahren

Die BAG Landwirtschaft & ländliche Entwicklung und die BAG Christ*innen setzen sich in ihrer Resolution für einen klaren gesetzlichen Rahmen ein, bei dem alle gentechnisch manipulierten Organismen einer Risikoanalyse und einem Zulassungsverfahren unterzogen werden.

Das wachsende Eingriffspotential in die Erbsubstanz von Mensch, Tier, Pflanzen und Kleinstlebewesen sowie die rasante Entwicklung in diesem Bereich machen klar: Gerade auch die neuen Gentechniken müssen innerhalb des Risikoprüfungs- und Zulassungsregimes des Gentechnikrechts überwacht werden. Das gebieten die Vorsorge für Umwelt und Gesundheit sowie auch die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes.

Wir setzen uns für einen klaren gesetzlichen Rahmen ein, bei dem alle gentechnisch manipulierten Organismen einer Risikoanalyse und einem Zulassungsverfahren unterzogen werden. Die Entwickler*innen müssen ein Nachweisverfahren sowie Referenzmaterial zur Verfügung stellen. Rückverfolgbarkeit, Kennzeichnungspflicht und Monitoring sind zu gewährleisten.

Zur Anwendung in der Medizin beim Menschen

Der mögliche Einsatz von CRISPR/Cas9 am Menschen im somatischen Bereich trotz zahlreichen Risiken wird von vielen Biotechnolog*innen befürwortet. Wir treten auch bei dieser gentechnischen Methode für hohe biologische und medizinische Sicherheit ein. Wir sind der Überzeugung, dass zur menschlichen Identität oder Würde gehört, "den Menschen nicht gemäß einem von anderem entworfenem Bauplan zu konstruieren und zu produzieren". Deswegen halten wir nur "risikoarme Eingriffe zur Heilung oder Vermeidung von Krankheiten" moralisch-ethisch gerechtfertigt, die" auf das Individuum begrenzt bleiben".

Eingriffe in die Keimbahn sind in Deutschland grundsätzlich durch das Embryonenschutzgesetz und dem Gesetz zur Regelung der PID verboten. Wir schließen uns dem Verbot ausdrücklich an, damit Keimbahn-Intervention und verbrauchende Embryonenforschung weiterhin verboten bleiben, so dass verzweckende, instrumentalisierende Manipulation und Selektion auch mittels der Gen-Schere ausgeschlossen bleiben. Denn Eingriffe in die menschliche Keimbahn, also in Ei- und Samenzellen, und in Embryonen sind ethisch verantwortungslos, da diese Veränderungen im Gegensatz zu somatischen Eingriffen weitervererbt werden. Das gilt sowohl für die Grundlagenforschung mit menschlichen Embryonen als auch entsprechend für die klinische Anwendung der Keimbahnveränderung Diesem Argument halten Befürworter*innen entgegen, dass die Menschenwürde nicht verletzt sein könne, wenn z.B. ein Embryo statt mit seinem natürlichen kranken Genom mit einem medizinisch korrigierten Genom zur Welt käme.

Wir setzen uns auf globaler Ebene für einen Verzicht auf die Ermöglichung von Keimbahninterventionen und die Einhaltung des bei uns geltenden Gesetze (Embryonenschutzgesetz) und der Empfehlung der Biomedizinkonvention ein, um öffentliche Diskussionen mit dem Ziel internationaler Regulierungen zu führen. Wir plädieren dafür, dass nicht ausschließlich wissenschaftsbezogen und sondern auch politisch, ökonomisch, ethisch oder religiös argumentiert werden muss. Leitbild grüner Politik ist ein an der Menschenwürde orientiertes Menschenbild von mündigen und aufgeklärten Bürger*innen. Deswegen ist seitens der GRÜNEN intensiv eine entsprechende völkerrechtliche Konvention der UNO mit dem Verbot der Keimbahn-Veränderung zu fordern und auf die Einrichtung einer Internationalen Kontrollbehörde zu drängen.

Zur Anwendung in der Landwirtschaft

Aufgrund der schwer kalkulierbaren Risiken, der Nicht-Rückholbarkeit veränderter Gene und der Monopolisierung von Marktmacht der Saatgutkonzerne lehnen wir Gentechnik bei der Erzeugung von Lebensmitteln ab. Dies bezieht sich auch auf die neuen Methoden der Gentechnik, bei der beispielsweise CRISPR/Cas zum Einsatz kommt. Es wurden immer wieder trockenheits- und salzresistente Sorten sowohl mit der alten als auch der neuen Gentechnik angekündigt. Jedoch konnte die Gentechnik in den letzten dreißig Jahren keins dieser Versprechen einlösen. Sie führte stattdessen dazu, pestizidresistente Sorten zu schaffen, mit deren Nutzung eine zunehmende Intensivierung des industriellen Monokulturanbaus und ein immer höherer Pestizideinsatz mit gravierenden Umweltbelastungen sowie erschreckendem Biodiversitätsschwund einhergehen. Wir befürworten stattdessen eine bäuerliche, widerstandsfähige ökologische und auf Vielfalt basierende Landwirtschaft, die auf Kreislaufwirtschaft setzt. Wir sind der Überzeugung, dass die vom Weltagrarbericht empfohlenen Agrarsysteme, die das Anwenden von agrarökologischen Methoden, den Einsatz von vielfältigem samenfestem und nachbaufähigem Saatgut, den Zugang zu Land und Wasser sowie zu regionalen Märkten in den Vordergrund stellen, weit nachhaltiger in der Bekämpfung von Hunger und Entwicklung stabiler Ernährungssysteme sind.

Das Vorsorgeprinzip bleibt für uns die zentrale Handlungsleitlinie, zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit. Seine rechtliche Verankerung in der EU in den Strukturen der EU ist eine grundlegende Errungenschaft. Es kommt zur Anwendung, wenn aufgrund einer vorläufigen wissenschaftlichen Risikobewertung Anlass zu Besorgnis besteht, dass etwas potenziell gefährliche Folgen für die Umwelt und die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen hat. Dies erfolgt auch, wenn wissenschaftliche Beweise noch ungenügend, nicht schlüssig oder unsicher sind, wie das bei CRISPR/Cas der Fall ist. Es ist Teil einer jeden fortschrittlichen Risikovorsorge, der sich Europa verpflichtet fühlt.

Entgegen den Argumenten, dass gentechnisch erzeugte Pflanzen und Tiere keine Unterschiede zu natürlichen Mutationen aufweisen, bestätigen einige Studien veränderte Reaktionen der Organismen. Werden gentechnisch veränderte Organismen freigesetzt, sind diese mit allen unkontrollierbaren Auswirkungen in der Umwelt und kaum rückholbar. Daher ist es eine nicht nur vernünftige, sondern wissenschaftlich und juristisch angemessene Position, diese Organismen unter den Rahmen eines modernen Risikomanagements zu stellen. Schon alleine aufgrund der Tatsache, dass es Wirtschaftszweige wie den Ökologischen Landbau gibt, die per EU-Definition weder alte noch neue Gentechnik nutzen dürfen, ist eine Kennzeichnung unumgänglich. Alles andere wäre eine unlautere Wettbewerbsverzerrung.

Auch naturwissenschaftliche Forschung ist ethisch zu verantworten, daher gehört Ethik auch in Universitäten, Forschung und Lehre in die Curricula.

Welche Probleme wollen wir wirklich lösen? Welche Anbausysteme bieten Lösungen für komplexe Probleme, schonen gleichzeitig Ressourcen, erhalten und stärken Vielfalt? Die Landwirtschaft muss sich auf Anforderungen des weltweiten Klimawandels, des Ressourcenverbrauchs und des Biodiversitätsschwundes bei einer wachsenden Weltbevölkerung und immer kritischeren Verbraucher*innen einstellen. Dabei wollen wir als GRÜNE Verantwortung übernehmen und uns für eine sozialökologische- und tiergerechte Wirtschaftsweise einsetzen. Welche Partei, wenn nicht wir GRÜNE, sollte eine klare Stimme für eine zukunftsfähige, ökologischere Landwirtschaft sein, die auch an die Generationen nach uns denkt. Nur eine genetische Vielfalt unserer Pflanzen und Tiere kann den Anforderungen der Zukunft gerecht werden. Lernen wir unsere Natur besser zu verstehen und ihre genialen Lösungsangebote zu nutzen, anstatt an ihr herum zu experimentieren!

Die Resolution wurde diskutiert und beschlossen auf der gemeinsamen Fachtagung der BAGen Landwirtschaft & ländliche Entwicklung und Christ*innen am 13.9.2019.

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