Klimavorsorge

Mit konsequenter Vorsorge Mensch und Umwelt vor der Klimakrise schützen

Ein grüner Park mit blühenden Blumen und Bäumen. Im Hintergrund sieht man bunte Häuser einer Stadt.

Eine zentrale Herausforderung in der Klimapolitik ist der Schutz der Bevölkerung vor den Folgen der Klimakrise. In den nächsten Jahren braucht es massive Investitionen in den Klimaschutz, aber eben auch in den Klimafolgenschutz. Wie das gelingen kann, haben Robert Habeck, Toni Hofreiter und Oliver Krischer heute in einem Plan vorgestellt.

Die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und NRW ist eine nationale Tragödie. Mehr als 180 Menschen sind ums Leben gekommen, Zehntausende haben ihr Zuhause und damit ihre Heimat verloren, die materiellen Schäden werden sich schätzungsweise im zweistelligen Milliardenbereich bewegen. Die Bewältigung dieser Katastrophe und der Wiederaufbau werden unser Land und vor allem die betroffenen Menschen und Regionen Jahre beschäftigen.

Zugleich ist diese Katstrophe ein Fenster, durch das wir auf unsere Zukunft schauen. Nicht jede Naturkatastrophe ist eine unmittelbare Folge der Erderhitzung. Starkregen, heiße Sommer, Waldbrände und Sturmfluten hat es schon immer gegeben – aber die Heftigkeit, Summe und die schnelle Abfolge der Extremwetterereignisse sind ein untrüglicher Indikator dafür, dass die Klimakrise da ist und Menschenleben kostet. Nicht nur Dürreperioden, Starkregen und Fluten nehmen zu. Auch Hitzewellen machen das Leben im Sommer insbesondere in den Städten unerträglich. Viele tausend Hitzetote haben die letzten Hitzewellen in Europa zu verzeichnen. Obwohl wir global noch von den kritischen Temperaturschwellen 1,5 und 2 Grad entfernt sind, sind die Auswirkungen der Klimakrise bereits unmittelbar - auch bei uns. Und jedes Zehntelgrad mehr kostet Menschenleben, heizt das Artensterben weiter an und rückt die nächste „Jahrhundertflut“ oder „Jahrhundertdürre“ noch näher.

Die Katastrophe unterstreicht also die Dringlichkeit und Notwendigkeit konsequenten Klimaschutzes. Global ist die Temperatur bereits um über 1 Grad gestiegen, aber was wir heute schon erleben, wäre bei einer ungebremsten Klimakrise nur der Anfang. In der Klimakrise gibt es kein „neues Normal“, nur immer weitere Eskalation. Wenn wir das Klima schützen, dann schützen wir also in Wirklichkeit uns selbst, unser Wohlergehen und unsere Freiheit.

Zugleich ist klar: Wir Menschen haben die globale Erhitzung bereits in Gang gesetzt, hinter diesen physikalischen Prozess gibt es kein zurück. Deshalb ist neben konsequentem Klimaschutz die Vorsorge vor den neuen Klimarisiken eine zentrale Aufgabe. Diese betrifft in gleich dreifacher Weise den Kern politischen Denkens und Handelns:

Vorsorge als Leitprinzip neuer Politik

Wir sind als Menschen nicht so sonderlich gut darin, Verantwortung auch für etwas oder jemanden zu übernehmen, was weit weg ist zeitlich oder räumlich. So richtig fängt Politik meist erst an zu reagieren, wenn es darum geht, dass wir ganz direkt betroffen sind. Aber so kommen wir nicht durch die nächsten zwei Dekaden, denn so laufen wir den Krisen immer hinterher. Die Menschen auch in Deutschland brauchen einen besseren Schutz vor den zunehmenden Extremwettern und Klimaschäden. Es geht darum, Gefahr für Leib und Leben und enorme Schäden an Umwelt und Infrastruktur abzuwenden. Aussitzen und abwiegeln, wie wir es bei Hochwasserschutz und Vorsorge immer wieder erlebt haben – mit dieser Gewohnheit sollten wir jetzt endgültig brechen. Vorsorge muss zum Leitprinzip einer neuen Politik werden. Das klingt leicht, ist es aber nicht. Es bedeutet, im Hier und Jetzt massiv Ressourcen dafür bereitzustellen, um späteres Unglück abzuwenden. Es geht also um handfeste materielle und politische Ziel- und Interessenskonflikte.

Der Natur mehr Raum geben

Die Natur ist nicht nur unsere Lebensgrundlage, sondern geballte Kraft und Energie. Unsere menschliche Kreativität, unsere Innovationskraft und unser Erfindungsgeist sind wichtige Instrumente, dafür zu sorgen, dass wir Menschen durch diese Naturgewalten nicht zu Schaden kommen. Die neuen Impfstoffe gegen Corona, digitale Modelle, die Starkregenfluten präziser vorhersagen, technischer Hochwasserschutz - all das ist wichtig, um uns zu schützen. Aber wir haben in den vergangenen Wochen nun das zweite Mal nach Corona erlebt, wie zerbrechlich wir Menschen im Angesicht der Natur eben auch sind. Die zweite Leitidee einer neuen Politik ist daher: Wir müssen deshalb unser Verhältnis zur Natur neu bestimmen. Es liegt an uns, sie besser zu schützen, ihr mehr Raum zu geben, damit sie uns schützt.

Gesundheitsschutz

Eine neue Politik muss Gesundheitsschutz neu fassen. Die Pandemie war dafür der erste Fingerzeig, die Klimakrise ist der zweite. Denn sie ist für viele Menschen auch ein medizinischer Notfall. Allein 2018 sind nach einer im Fachjournal Lancet veröffentlichten internationalen Studie über 20.000 Menschen in Deutschland an Hitze gestorben (https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)32290-X/fulltext) und wir müssen uns auf immer mehr extreme Hitzesommer einstellen. Die Bundesregierung selber erfasst dazu keinerlei Zahlen, kann demnach auch nicht auf Trends reagieren. Besonders gefährdet durch Hitzewellen sind ältere Menschen sowie chronisch kranke Menschen. Prävention und eine ganzheitliche Gesundheitspolitik sind die dritte Leitidee einer neuen Politik.

Entlang dieser drei Leitideen der konsequenten Vorsorge, eines neuen Naturverständnisses und eines umfassenden Gesundheitsschutzes schlagen wir folgende Punkte für die Politik einer neuen Bundesregierung vor.

1. Konsequente Klimavorsorge

Wir wollen die Klimavorsorge stärker als bisher als Querschnittsaufgabe verankern. Es braucht eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen für dieses Jahrzehnte. Klimavorsorge ist dabei auch eine soziale Frage. Der Staat muss gezielt den Menschen und den Kommunen helfen, die sich die notwenigen Maßnahmen zur Vorsorge nicht so einfach leisten können.

Gemeinsam handlungsfähig: Neue Aufgaben erfordern neue Strukturen. Bund und Länder sollen gemeinsam erarbeiten, wie die Klimavorsorge über bestehende oder neu zu schaffende Gemeinschaftsaufgaben bewältigt und finanziert werden kann. Der Rahmen für alle gemeinsamen Anstrengungen sollte durch ein Klimavorsorgegesetz geschaffen werden.

Risiken und Schäden systematisch erfassen: Nur mit einer flächendeckenden Vorhersage und Modellierungen von zu erwartenden Katastrophen und Schäden können sich die Menschen schützen und können die öffentliche Hand oder Betriebe Risiken für die öffentliche und private Infrastruktur minimieren. Doch Gefahrenkarten zu Starkregen beispielsweise sind bisher nur in einigen Vorreiterkommunen oder -bundesländer verbreitet. Zudem erfasst die Bundesregierung bisher noch nicht einmal, wie hoch die Klimaschäden sind und projiziert auch nicht, welche Schäden in Zukunft auf uns zukommen. Wir brauchen die systematische Erfassung in einem Klimaschäden-Kataster. Dieses soll auf Daten der Länder und Kommunen zugreifen und diese bündeln, damit eine gemeinsame Entscheidungsgrundlage geschaffen wird. Das wird auch helfen, politisch die richtigen Schwerpunkte zu setzen.

Infrastrukturen überprüfen und anpassen: Wir müssen unsere Infrastrukturen überprüfen und an die Klimarisiken anpassen. In Karlsruhe legte die letzte Hitzewelle den gesamten ÖPNV lahm, die deutsche Bahn kämpft schon bei Normalwetterereignissen mit ihrer Betriebsfähigkeit, die Kanalisation vieler Gemeinden ist mit Starkregen überfordert, der technische Hochwasser- und Starkregenschutz gerade in neuen Gefahrengebieten wie den Mittelgebirgslagen teilweise mangelhaft. Es geht um nicht weniger als ein umfassendes Modernisierungsprogramm für unsere Infrastrukturen, Städte und Dörfer. Auch die Verkehrsinfrastruktur muss angepasst werden und die anstehende Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans genutzt werden, um alle Planungen einer Klima-, Umwelt- und Bedarfsprüfung zu unterziehen. Das hilft auch dabei, Mittel für die Sanierung maroder oder für Umwelteinwirkungen besonders anfällige Infrastruktur freizumachen.

Finanzierung bereitstellen: Klimavorsorge ist eine umfassende Herausforderung und kostet zunächst eine Menge Geld – das aber gut angelegt ist, weil es hohe Folgekosten in der Zukunft vermeidet. Mit dieser Aufgabe wollen wir die Kommunen, gerade die strukturschwachen, nicht allein lassen. Bei solchen essentiellen Fragen muss es schnell gleichwertige Verhältnisse überall in unserem Land geben. Die Klimavorsorge wirft deshalb auch erneut die Frage auf, was uns wichtig ist und welche Prioritäten wir in der Haushaltspolitik setzen. Wir halten Steuersenkungen für Wohlhabende und ein starres Festhalten an der Schuldenbremse für falsch. Mit einer Reform der Schuldenbremse ermöglichen wir ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen, auch um uns vor den Klimarisiken zu schützen. Wir wollen, dass der Bund die notwendigen Anpassungen vor Ort mit einem Klimavorsorge-Fonds von 25 Mrd. Euro in den nächsten 10 Jahren mitfinanziert, wie die Umwandlung in „Schwammstädte“, Maßnahmen des Hochwasserschutzes oder den Umbau der Kanalisation. Außerdem wollen wir 10% der Gelder aus dem Energie-und Klimafonds jährlich in Investitionen für Klimanaturschutz zur Verfügung stellen. Dazu gehören insbesondere Maßnahmen, die Klimaschutz und der Vorsorge zugleich dienen, wie die Renaturierung von Flüssen und der Wiedervernässung von Mooren.

Privathaushalte bei der Vorsorge unterstützen: Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger mit einem Förderprogramm bei der privaten Klimavorsorge gezielt unterstützen. Wer sein Haus z.B. vor Starkregen oder Hochwasser schützt, soll dafür ähnlich wie bei der energetischen Gebäudesanierung KfW-Mittel oder eine Steuerförderung bekommen. Gefördert werden dann z.B. Maßnahmen, um das Gebäude widerstandsfähiger gegen eindringendes Wasser durch Starkregen zu machen, etwa Rückstauklappen oder den Schutz bodenliegender Fenster. Dafür braucht es auch qualifizierte Beratungsangebote wie Klimaanpassungsmanager für Kommunen und Privatleute.

Risiken besser absichern: Durch die Klimakrise werden immer mehr Menschen von Katastrophenschäden betroffen sein. Es braucht hier ein faires Verhältnis von privater Beteiligung und gesellschaftlicher Solidarität. Weder dürfen die Menschen, deren Häuser oft seit Generationen an Flüssen oder in Niederungen liegen, allein gelassen werden, noch ist eine Art Vollkasko-Mentalität richtig, dass egal was, der Staat oder die Gemeinschaft schon zahlt. Ohne Versicherung droht Menschen oft der finanzielle Ruin, immer wieder neue staatliche ad-hoc-Hilfen sind keine verlässliche, dauerhafte und gerechte Lösung. Aus den vergangenen Flutkatastrophen wissen wir, dass Personen aus versicherten Haushalten diese auch psychisch besser überstanden haben. Wir wollen also den Versicherungsschutz vor solchen Schäden ausweiten. Die Versicherung vor Elementarschäden sollte Standard werden. Für den Übergang können risikobasierte Tarife gefördert werden.

2. Hochwasserschutz intensivieren

Die dramatischen Überschwemmungen und Hochwasser insbesondere in der Eifel haben den Hochwasserschutz wieder in den Fokus geholt – wie die verheerenden Hochwasser 1997, 2002 und 2013. Schäden durch so extreme Starkregen und Hochwasser-Ereignisse, wie sie an Ahr, Erft und z.T. kleinen Zuflüssen aufgetreten sind, werden sich auch durch beste Hochwasserprävention nie vollständig vermeiden lassen. Dennoch kann und muss die Hochwasservorsorge deutlich gestärkt werden, um Todesfälle, Verletzte und Schäden an Gebäuden, Infrastruktur und der Natur künftig so gut wie möglich zu verhindern.

Hochwasserrisiken neu bewerten: Die Klimakrise verschiebt die Risiko-Maßstäbe. Die bisher angenommenen Risiken und Gefahren selbst von extremen Hochwassern wurden vom tatsächlichen Ausmaß der aktuellen Überschwemmungen übertroffen. Es braucht neue, bundeseinheitliche Standards zur Darstellung von Extremszenarien in den Hochwasser- und Starkregenrisikokarten. Für die Risikobeurteilung müssen Extremhochwässer, die länger zurückliegen als es eine kontinuierliche Datenaufzeichnung gibt, ebenso genutzt werden wie Modellierungen von Starkregenereignissen, die Grund der Klimakrise künftig heftiger ausfallen können, als dies bisher der Fall war. Auch sollte in den Extremszenarien betrachtet werden, welche Gefahren von Hochwässern ausgehen, wenn der technische Schutz ausfällt, also zum Beispiel Dämme brechen oder Rückhaltebecken überlaufen. Es sollte zudem nicht nur auf den potentiellen Anstieg der Pegel geschaut werden, sondern auch auf die Fließgeschwindigkeiten, denn Wasser ist umso zerstörerischer je schneller es werden kann. In der Konsequenz gilt es dann, Umfang und genaue Lage der gefährdeten Gebiete und Liegenschaften zu aktualisieren. Wichtig ist, dass aus diesen verbesserten Vorhersagen auch politische Schlüsse gezogen werden: im akuten Fall für die Evakuierung der betroffenen Bevölkerung, planerisch für die weitere Siedlungsplanung. In den besonders von Hochwasser betroffenen Gebieten müssen die Ausnahmeregelungen zur Ausweisung von Bauland und zur Erteilung von Baugenehmigungen im Außenbereich dringend auf den Prüfstand.

Hochwasserwarnung verbessen und ernstnehmen: Eine auf wenige hundert Meter genaue Risikovorhersage, die die Wetterdaten mit den Topographie und der Bevölkerungsdichte synchronisiert, ist wissenschaftlich möglich, aber derzeit noch nicht realisiert. Notwendig dafür wären ein hochleistungsfähiges Rechenzentrum und mehr Forschung. Das wäre idealerweise im europäischen Verbund aufzustellen. Die Gelder dafür bereitzustellen, das ist die Aufgabe der nächsten Bundesregierung. Es ist zudem wichtig, dass Behörden, Bevölkerung und Helfer*innen genau wissen, wie sie sich im Hochwasserfall verhalten müssen – und wie man langfristig für den Ernstfall vorsorgen kann, wenn man in einem Risikogebiet lebt. Nötig sind flächendeckende kommunale Hochwasser-Audits und Modellierungen von Starkregenereignissen, funktionierende Warnsysteme und regelmäßige Informationen der Bevölkerung, etwa per Übung in Schulen oder Betrieben. Hauseigentümer*innen sollten über sinnvolle bauliche Maßnahmen informiert werden.

Wasser in der Landschaft halten: Wir wollen die Natur schützen, damit sie uns schützt. Das vorrangige Ziel einer vorsorgenden Hochwasserpolitik muss sein, Wasser in der Landschaft zu halten. So lassen sich Abflussmengen reduzieren und verzögern. Das ist der beste und erste Schutz gegen Hochwasser und zugleich auch eine Vorsorge für Dürrezeiten. Wo Wasser natürlich versickern kann und gespeichert wird, wo Bäche und Flüsse frei fließen, wo es noch funktionierende Moorböden gibt, können Flutkatastrophen abgeschwächt werden. Die notwendigen Maßnahmen, um Wasser in der Landschaft zu halten, sind lange bekannt und müssen endlich konsequent umgesetzt werden. Fluss- und Bachtäler müssen wo überall möglich wieder naturnah gestaltet werden – mit ausreichenden Auen und Retentionsräumen. Dazu können durch extensivere Nutzung landwirtschaftliche Flächen dienen. Die Böden können durch einen naturnähere Land- und Forstwirtschaft und bodenschonende Bearbeitung wieder aufnahmefähiger gemacht werden.

Unsere Städte und Dörfer begrünen: Unsere Städte und Dörfer mit ihren versiegelten Böden sind besonders gefährdet bei Starkregen und Hochwasser. Und in Hitzewellen heizen sie sich besonders stark auf. Um die damit verbundenen Gesundheitsgefahren zu verringern, müssen wir unsere Städte herunterkühlen. Dafür brauchen wir mehr Stadtgrün, Frischluftschneisen, Gebäudebegrünung, und kühlende Wasserflächen. Die Entsiegelung etwa von Straßen- bzw. Parkraum und Freiflächen, und die Begrünung bereits versiegelter Flächen und Dächer spielen dabei eine wichtige Rolle. Mehr Grün in der Stadt erhöht auch die Lebensqualität für all jene, die sich keinen eigenen Balkon oder Garten leisten können. Bereits geltendes Recht wie die Verpflichtung nach Baugesetzbuch, den Anforderungen von Klimaschutz und –anpassung gerecht zu werden, muss konsequent angewandt und durchgesetzt werden – das bedeutet auch eine Anpassung der technischen Regelwerke, auf deren Grundlage Städte und Häuser geplant werden. Die Kommunen brauchen aber für den klimagerechten Umbau Unterstützung durch Verbesserungen im Baurecht und bei der Städtebauförderung. Ausweisung und Erhalt von Grün- und Wasserflächen sollen bei der Planung obligatorisch werden, indem das Bauplanungs- und Naturschutzrecht angepasst werden. Es gilt, das Programm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ über 2024 hinaus zu verstetigen und zusätzlich ein Förderprogramm „Grüne Freiräume und Wasser für coole Städte“ mit einer Milliarde Euro auf den Weg bringen. Ein Programm zur Sanierung von Schwimmbädern soll für mehr Lebenszufriedenheit und dringend benötigte Abkühlung an heißen Tagen sorgen.

Technischen Hochwasserschutz stärken: Ergänzend zum ökologischen Hochwasserschutz sind Maßnahmen eines technischen Hochwasserschutzes notwendig, um bestehende Siedlungen zu schützen. Dazu können Rückhaltebecken auch in Seitentälern oder Rückverlagerungen und Ertüchtigung von Deichen ebenso gehören wie Wälle, die Regenwassermassen um Ortschaften herum leiten oder das Bereithalten von mobilen Hochwasserschutzwänden. Dabei sollen stärker als bisher kreativ vor Ort auch Sonderstandorte für den Hochwasserschutz planerisch und technisch vorbereitet werden. Besser eine Kiesgrube oder ein Braunkohletagebau laufen kontrolliert voll als dass Siedlungen überflutet werden.

Länderübergreifenden Hochwasserschutz sicherstellen: Hochwasserschutz erfordert Zusammenarbeit zwischen Oberanliegern und Unteranliegern. Das gilt föderal wie europäisch. Die Flüsse kennen keine Grenzen. Aber es gibt begrenzte Umsicht: je höher die Oberlieger Deiche, Wehre und Dämme bauen, desto mehr Wasser kommt bei den Unterliegern an und bedrohen diese. Umgekehrt ist es ein Interesse der Unterlieger, dass in den oberen Stromläufen Platz für Wasser geschaffen wird. Das von der Umweltministerkonferenz nach dem Hochwasser 2013 beschlossenen nationale Hochwasserschutzprogramm, das auf gegenseitige Solidarität setzt, braucht dringend ein Update, das auf identifizierte Schwachpunkte beim Hochwasserschutz reagiert. Unter anderem sollte der Fokus von den großen Flussgebieten ausgeweitet werden auf den Handlungsbedarf bei kleineren Flüssen auch in Mittelgebirgslagen und auf die Wahrung von Mindeststandards im Hochwasserschutz in allen Kommunen Deutschlands.

Beratung verbessern: Technischen und ökologischen Hochwasserschutz gilt es in den Gemeinden vor Ort in Hochwasser- und Starkregenmanagementplänen zu kombinieren, zu aktualisieren und konsequent umzusetzen. Nötig ist aber auch unterstützendes -Know-How von Fachleuten, die beraten und wirksame Maßnahmen vor Ort pushen und die Wirksamkeit der Pläne bestätigen. Eine solche Beratungs- und Kontrollinstanz kann bei einem neu zu schaffenden Bund-Länder-Koordinierungsgremium für Katastrophenschutz (anlag dem Havariekommando für Schiffsunglücke) aufgebaut werden.

In Sicherheit investieren: Das alles bedeutet, in Sicherheit zu investieren. Landwirtschaftliche Flächen müssen punktuell aus der intensiven Nutzung genommen werden ohne dass dies wirtschaftlich auf Kosten der Landwirt*innen geht, Wälder müssen von Nadelholzmonokulturen in naturnahe klimastabile Laubwälder umgebaut, Entwässerung und Kanalisierung zurückgebaut, Deiche rückverlegt werden, Städte umgebaut, Plätze begrünt, Bäume gepflanzt werden. Mit dem strategischen Aufkauf von Naturschutzflächen kann die öffentliche Hand auch zugleich Wasserrückhalteflächen gerade auch in Hochwasserentstehungsgebieten gewinnen. Unser Vorschlag einer Investitionsregel in der Schuldenbremse deckt diese Maßnahmen ab. Wer hingegen an solchen Maßnahmen spart, gefährdet die Sicherheit der Bevölkerung.

3. Gesundheitsschutz in der Klimakrise

Es gibt kein Themenfeld, das dem Klimaschutz so verwandt ist, wie die Gesundheitspolitik. Mit besserem Klimaschutz schützen wir Gesundheit und Leben. Innenstädte sind um bis zu zehn Grad heißer als das Umland. Besonders gefährdet durch Hitzewellen sind ältere Menschen, Säuglinge und Kleinkinder, Menschen mit Behinderungen sowie chronisch kranke Menschen. 2018 waren Beschäftigte an knapp 80.000 Arbeitstagen hitzebedingt arbeitsunfähig – eine Vervierfachung innerhalb von nur zehn Jahren. Zudem setzt die Klimakrise unsere sichere Versorgung mit Trinkwasser unter Druck und verstärken das Risiko, an Allergien zu erkranken. Um den Klima-Gesundheitsschutz besser auszurichten, schlagen wir folgende Maßnahmen vor:

Hitzeaktionsplan einführen: Bisher gibt es gerade einmal Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen. Doch das reicht nicht aus. Solche Aktionspläne müssen flächendeckend verfügbar und die darin vorgeschlagenen Maßnahmen verbindlich sein. Für vorsorgenden Gesundheitsschutz hat z.B. Frankreich Hitzeaktionspläne eingeführt. In ihm werden sämtliche Maßnahmen koordiniert und abgestimmt. Hitzeaktionspläne schaffen Verbindlichkeit der Maßnahmen und politische Transparenz, was wann wie geplant ist. Das Ziel ist, die Zahl der Hitzetoten und hitzebedingte Gesundheitsgefahren so weit wie möglich zu verringern.

Hitzewarnsysteme etablieren: Die Information, Sensibilisierung und Unterstützung besonders gefährdeter Menschen muss gestärkt werden, um sie vor den Folgen von Hitzewellen zu schützen und ähnlich wie beim Hochwasserschutz ein Hitzewarnsystem etablieren werden, das alle erreicht und Hitzewarnungen direkt mit kurzen Informationen zum gesundheitsgerechten Verhalten verbindet. Für ältere und kranke Menschen sollten Hitze-Hotlines eingerichtet werden.

Allergieprävention stärken: Die Klimakrise steigert das Risiko, an Allergien erkranken. Der Pollenflug beginnt früher, ist intensiver und dauert länger. Heißere Durchschnittstemperaturen begünstigen die Ansiedlung allergieauslösender invasiver Arten wie der Ambrosia. Wir wollen einen umfassenden Allergie-Präventionsplan auf den Weg bringen, der die Auslöser für Allergien reduziert und die Versorgung von Allergiker*innen verbessert.

Hitzeschutz im Gesundheitswesen stärken: Unsere Krankenhäuser, Arztpraxen, Gesundheitszentren und Pflegeeinrichtungen müssen baulich und von den Personalschlüsseln und Arbeitszeiten besser an die Klimakrise angepasst werden um Patienten und Personal vor zu hohen Temperaturen zu schützen.

Trinkwasserversorgung sichern: Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Bislang ist die Versorgung in Deutschland gesichert. Doch schon kommt es in heißen Sommermonaten in manchen Kommunen und Landkreisen bereits zu Engpässen bei der Trinkwasserversorgung. Wir wollen deshalb Grundwasservorkommen langfristig schützen und für die öffentliche Trinkwasserversorgung sichern, indem wir einen Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung gesetzlich festschreiben und im Raumordnungsrecht mehr Vorranggebiete für die Trinkwasserversorgung ausweisen.