Hochwasserkatastrophe

"Mit einer Politik, die nur auf Sicht fährt, gefährden wir unsere Sicherheit."

Portraitfoto der Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock
© Urban Zintel

Im Interview mit dem SPIEGEL spricht die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock über die Lage in den Katastrophengebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen: Es braucht konkrete Risikopläne und Klimaanpassungspläne für alle Kommunen, denn mit einer Politik, die nur auf Sicht fährt, gefährden wir unsere Sicherheit.

Erstveröffentlichung in DER SPIEGEL am 20. Juli 2021

Von Martin Knobbe und Jonas Schaible



SPIEGEL: Frau Baerbock, Sie kommen gerade aus den Katastrophengebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen: Welche Erkenntnis nehmen Sie mit?

Annalena Baerbock: Die Lage ist nach wie vor hochdramatisch. Menschen haben alles verloren, noch immer werden einige vermisst. Mir haben Helfer in Rheinland-Pfalz von Familien erzählt, die tagelang auf dem Dach ausharrten, bis endlich die Retter kamen. Da zieht sich einem das Herz zusammen. Wir müssen uns besser gegen solche Extremwettereignisse wappnen, um Menschen zu schützen.

SPIEGEL: Sie haben einen Tag gewartet, bevor Sie gefahren sind. Warum dann doch?

Annalena Baerbock: Zu diesem Zeitpunkt war klarer abzusehen, wo nicht mehr akut gerettet wird, wo ich als Politikerin also nicht mehr im Weg rumstehe, sondern mit den Betroffenen sprechen kann und gerade auch mit denen, die helfen.

SPIEGEL: Sie wollten keine Journalisten dabeihaben. Hatten Sie so große Angst vor dem Vorwurf der Instrumentalisierung?

Annalena Baerbock: Nein, es ging mir darum, wirklich zuhören und auch trösten zu können. Da macht es einen Unterschied, ob Kameras laufen oder nicht. Und ich wollte verstehen, wie man sich künftig besser gegen Naturkatastrophen wappnen kann. Deshalb habe ich mir mehrere Orte angeschaut und über viele Details gesprochen: Wieso haben gerade so viele kleine Flüsse zu den Überschwemmungen beigetragen? Welche unterschiedlichen Frühwarnsysteme brauchen wir für den ländlichen Raum und für Städte mit mehr Infrastruktur? Dafür braucht man Zeit und mehr Ruhe, als Pressetermine bieten.

SPIEGEL: Armin Laschet hatte weniger Hemmungen, die Gummistiefel herzuzeigen ...

Annalena Baerbock: Natürlich reist ein Ministerpräsident in seinem Bundesland an den Ort der Katastrophe und natürlich sind dann auch Kameras dabei. Ich habe eine andere Rolle.

SPIEGEL: Werden Sie aus Ihren Eindrücken noch handfeste Schlussfolgerungen ableiten oder bleibt das allen in Ihrem Notizbuch?

Annalena Baerbock: Es macht keinen Sinn, an Orte zu fahren, um Erkenntnisse zu gewinnen, was es in Zukunft braucht, und dann damit nichts zu tun. Denn auch wenn wir uns seit Jahren intensiv mit Klimaschutz und Klimaanpassung beschäftigen und zum Beispiel einen Klimavorsorge-Fonds für Kommunen vorgeschlagen haben, ist diese Katastrophe für mich Anlass, den Schutz vor Extremwettereignissen mit noch größerer Intensität zu betreiben.

SPIEGEL: Meteorologen haben die großen Regenmengen Tage vorher vorhergesagt. Viele Menschen hätten womöglich vor dem Tod bewahrt werden können, hätte es mehr Warnungen gegeben. Was ist da schiefgelaufen?

Annalena Baerbock: All das muss genau analysiert werden, für fertige Antworten ist es noch zu früh. Was sich für mich aber schon seit längerem abzeichnet: Wir müssen den Katastrophenschutz neu formieren, und der Bund muss dafür mehr Verantwortung übernehmen. Notsituationen wie diese Flut oder auch Waldbrände häufen sich und brechen oft an vielen Orten zur selben Zeit aus. Hilfe funktioniert nur, wenn alles ineinander greift. Dafür braucht es eine Instanz, die alle Kräfte bündelt, die schnellstmöglich aus ganz Deutschland oder EU-Nachbarstaaten Hubschrauber oder Spezialgeräte zusammenzieht.

SPIEGEL: Also eine Zentralisierung?

Annalena Baerbock: Nicht Zentralisierung, aber in Extremsituationen eine schnellere Koordinierung der verschiedenen Ebenen und Akteure. Das gilt insbesondere für Ereignisse, die mehrere Bundesländer betreffen oder nicht mehr durch die regionalen Einsatzkräfte bewältigt werden können. Dazu muss das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit einer Zentralstellenfunktion ausgestattet werden, wie wir sie in der Polizeiarbeit vom Bundeskriminalamt kennen.

SPIEGEL: Damit weniger Hubschrauber benötigt werden, könnte man rechtzeitig evakuieren. Das ist offenbar kaum passiert, anders als etwa in Belgien. Sind deutsche Verwaltungen zu sorglos?

Annalena Baerbock: Deutschland hatte das große Glück, über Jahrzehnte relativ wenige Naturkatastrophen erleben zu müssen. Das hat aber auch dazu geführt, dass Katastrophenschutzmaßnahmen nicht ausreichend ausgebaut wurden – obwohl Experten seit Jahren vor klimabedingten Extremwettereignissen warnen. Es wurde nicht ausreichend Vorsorge getroffen.

SPIEGEL: Woran machen Sie das fest?

Annalena Baerbock: Dass Maßnahmen zur Klimaanpassung für Städte und Gemeinden sowie zur Unterstützung bei Klimaschäden bisher in diesem Land unterbelichtet und unterfinanziert sind.

SPIEGEL: Was muss ganz konkret akut getan werden?

Annalena Baerbock: Es braucht Soforthilfen für Menschen, die alles verloren haben. Und wir müssen die Kommunen unterstützen, in denen die Infrastruktur komplett zerstört wurde. An manchen Orten funktionieren nach wie vor Strom- und Trinkwasserversorgung nicht. Ich habe Orte gesehen, in denen das Wasser ungefiltert die Straßen herunterläuft, weil die Kläranlagen zerstört sind.

SPIEGEL: Sie haben vor einiger Zeit einen Fonds vorgeschlagen, der Entschädigungen zahlen soll. Aus den USA weiß man, dass das dazu führen kann, dass in Risikogebieten neu gebaut wird.

Annalena Baerbock: Das ist ganz einfach zu vermeiden, indem endlich ein striktes Bauverbot in Hochwasserrisikogebieten durchgesetzt wird. Die CDU müsste nur ihren Widerstand dagegen aufgeben.

SPIEGEL: Anpassung an die Klimakrise kann nicht nur bedeuten, im Notfall zu helfen. Wie bereitet man das Land vor auf künftige Naturkatastrophen?

Annalena Baerbock: Alle Kommunen brauchen konkrete Risikopläne und Klimaanpassungspläne. Der Bund legt einen kommunalen Vorsorgefonds auf, der lokalspezifische Anpassungen mitfinanziert: den Umbau der Kanalisation oder auch die digitale Überwachung von Pegelständen bei Bächen. In anderen Orten wie bei mir in Brandenburg steigt die Waldbrandgefahr, da geht es dann um die bundesweite Bereitstellung von Löschflugzeugen oder entsprechend ausgerüsteten Hubschraubern. Städte wiederum müssen so umgebaut werden, dass sie Wasser besser aufnehmen und ableiten können. Und so weiter. All das wird eine Menge Geld kosten. Aber wenn wir weiter auf Sicht fahren statt jetzt zu investieren, wird es irgendwann unbezahlbar teuer und unglaublich viel Leid erzeugen.

SPIEGEL: Viele Kommunen dürften finanziell überfordert sein – und eher dazu neigen, auf teure Prävention zu verzichten.

Annalena Baerbock: Es stimmt, viele Städte und Gemeinden können das, was getan werden muss, nicht allein stemmen. Vor allem die ärmeren Kommunen nicht. Somit ist das auch eine soziale Frage: Kommunen dürfen nicht vor die Wahl gestellt werden, einen Stadtteil wiederaufzubauen oder eine geplante Kita zu errichten oder eine Talsperre anzupassen. Deshalb sind da auch Bund und Länder in der Pflicht. Umgekehrt steckt da eine Chance drin: Je mehr gemeinsamen Klimaschutz wir machen, desto mehr stärken wir auch den sozialen Zusammenhalt und die gleichwertigen Lebensverhältnisse in unserem Land.

SPIEGEL: Es gibt eine Diskussion, ob Staaten mehr Energie und Geld auf die Anpassung an die Erderhitzung und ihre Folgen setzen sollten und weniger darauf, die Erderhitzung zu bremsen. Was sagen Sie dazu?

Annalena Baerbock: Mit einer Politik, die nur auf Sicht fährt, gefährden wir unsere Sicherheit. Die Weltgemeinschaft hat sich längst auf einen Dreiklang geeinigt. Erstens braucht es Nothilfe für betroffene Länder – oder wie in unserem Fall für betroffene Regionen. Zweitens geht es um Klimaanpassung. Drittens werden wir diese Krise nur eindämmen können, wenn wir Klimaschutz jetzt wirklich umsetzen. Das heißt, den Wohlstand dieser Welt auf erneuerbaren Energien zu bauen statt auf der Verbrennung von fossilen Energien. Wir werden durch ambitionierten Klimaschutz nicht das nächste Extremwetterereignis verhindern. Aber wir werden nur durch ambitionierten Klimaschutz die Lage überhaupt beherrschbar halten. Alle drei Schritte müssen zeitgleich erfolgen.

SPIEGEL: Die Frage, welche Anpassung nötig ist, hängt von der Erwartung ab: Gelingt es wirklich, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu reduzieren oder muss man davon ausgehen, dass dies nicht erreicht wird? Dann müssten auch die Schutzmaßnahmen ganz anders aussehen.

Annalena Baerbock: Wir haben all die Berechnungen, welche Auswirkungen eine Erderwärmung von 1,5 Grad, von 2 Grad oder gar von 3 Grad hat. Die politische Haltung einiger Parteien in diesem Land – so schlimm wird schon nicht werden und im Zweifel trifft es andere Regionen der Welt – können wir uns nicht länger leisten. Jedes zehntel Grad Erderwärmung verschärft das Risiko und gefährdet die Sicherheit und den Wohlstand unseres Landes. Deshalb kommt es auf jede Tonne CO2 an. Wir müssen alles dafür tun, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen.

SPIEGEL: Aber wenn man die Prävention an diesen ehrgeizigen Zielen ausrichtet, besteht dann nicht die Gefahr, dass man feststellt: Die Deiche, die wir gebaut haben, sind nicht hoch genug – weil wir die Ziele doch nicht erreicht haben?

Annalena Baerbock: Die Klimawissenschaft kann sehr genau berechnen, was in den nächsten Jahren passieren wird. Wir sollten genau zuhören, was droht und etwa den Hochwasserschutz an Worst Case Szenarien ausrichten. Zugleich müssen wir den Kohleausstieg vorziehen und den Ausbau der Erneuerbaren Energien schnell verdreifachen, weil es natürlich für das Klima einen großen Unterschied macht, ob die Emissionen schon in den nächsten Jahren deutlich sinken oder erst nach 2030. In dieser Frage ist ein großer Teil der Industrie längst weiter als die derzeitige Bundesregierung.

SPIEGEL: Was sagen Sie Menschen, die behaupten, diese Wetterphänomene seien nicht zwingend mit dem Klimawandel zu erklären?

Annalena Baerbock: Lokale Wetterextreme hat es schon immer gegeben, aber durch die Klimaerhitzung werden sie mehr und heftiger. Davor warnen Klimawissenschaftlerinnen und Meteorologen schon ewig, und das berichten auch die Leute vor Ort. Diese Wassermassen in so kurzer Zeit in der ganzen Region hat keiner je gesehen. Weltweit gilt das genauso. Wer in der jetzigen Situation nicht erkennt, dass die Klimakrise nichts Abstraktes ist, sondern unsere Heimat, unsere Familien, unsere Kinder, unsere eigene Sicherheit betrifft, der verschließt komplett die Augen vor der Realität.

SPIEGEL: Was bedeutet diese Katastrophe für Ihr eigenes Wahlprogramm, das nicht mal eine Jahreszahl für die Klimaneutralität festsetzt und unter anderem von Klimaaktivisten kritisiert wird. Werden Sie nacharbeiten?

Annalena Baerbock: Unser Ziel ist klar: Klimaneutralität innerhalb von 20 Jahren. Aber viel wichtiger ist doch, dass wir jetzt endlich ins Machen kommen. Konkrete Maßnahmen stehen daher im Zentrum unseres Programms. Ich will in den ersten hundert Tagen einer neuen Regierung ein Klimaschutzsofortprogramm auf den Weg bringen, um in allen Sektoren – Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft – die Emissionen schnell zu senken.

SPIEGEL: Im Wahlkampf hat die Flut die Debatte über Ihre Fehler und Ihr Buch verdrängt. Ist diese Debatte zu Ende oder kommt da noch was?

Annalena Baerbock: An den Fehlern, die ich selbst gemacht habe, knabbere ich am heftigsten. Aber jetzt geht es darum, weiter das Beste zu geben, um die nötigen Veränderungen im Land voranzutreiben. Und dafür den Wahlkampf, der in den letzten Wochen alles andere als gut für uns verlaufen ist, mit vollem Einsatz zu führen.

SPIEGEL: Können Sie uns nochmal erklären, wie die Plagiate zustande kamen? Waren zu viele Leute an dem Buch beteiligt, standen Sie unter Zeitdruck?

Annalena Baerbock: Mir ist wichtig, in der Politik zuzuhören und gute Ideen aufzunehmen. Ich notiere mir deshalb viel aus Gesprächen und lese auch viel, um dann gute politische Entscheidungen zu treffen. Aber selbstkritisch muss ich sagen, dass so nicht unbedingt ein handwerklich gutes Buch entsteht, weil bei den dafür genutzten Notizen dann die Quellen fehlten. Das war mein Fehler. Und um bei den Fakten korrekt zu sein, habe ich an mehreren Stellen auf öffentliche Quellen zurückgegriffen und hätte auch diese entsprechend ausweisen müssen. Deshalb wird bei einer Neuauflage ein Quellenverzeichnis nachgereicht.

SPIEGEL: Sagen Sie sich heute: Hätte ich es doch lieber sein lassen mit dem Buch?

Annalena Baerbock: Zumindest hätte ich es anders schreiben müssen. Denn so hat die Diskussion um das Buch dazu geführt hat, dass wir über die wichtigen politischen Fragen nicht gesprochen haben.

SPIEGEL: Ihnen ist das Wichtigste in der Politik verloren gegangen: Die Glaubwürdigkeit. Warum sollen Ihnen Menschen wieder vertrauen?

Annalena Baerbock: Weil ich über die Fehler nicht hinweggehe, sondern selbstkritisch dazu stehe. Natürlich fragen sich einige: Wie konnte das passieren? Aber genauso machen mir viele Menschen deutlich: Wir brauchen eine Veränderung in diesem Land. Mit meiner Kandidatur trete ich für diese Veränderung an. Um dafür zu sorgen, dass in unserem Land wirklich jedes Kind eine Chance hat. Dafür zu sorgen, dass wir die Klimakrise nicht nur beschreiben, sondern mit allem, was wir zur Verfügung haben, eindämmen. Dafür zu sorgen, dass all die guten Ideen, die in unserem Land stecken, umgesetzt werden - in der Wirtschaft, im Gesundheitsbereich, in der Bildung.

SPIEGEL: Haben Sie in den letzten Wochen daran gedacht, doch hinzuwerfen?

Annalena Baerbock: Natürlich haben mich die letzten Wochen nicht kalt gelassen. Aber Verantwortung heißt für mich, nicht wegzulaufen, wenn es ungemütlich wird, sondern es in Zukunft besser zu machen.

SPIEGEL: Nervt Sie es, dass Ihr Co-Vorsitzender Robert Habeck so freimütig über Ihre Fehler spricht und sie auch klar einräumt?

Annalena Baerbock: Nein, warum? Ein starkes Miteinander zeichnet sich nicht dadurch aus, dass man Dinge schönredet, sondern dass man ehrlich miteinander und übereinander spricht. Das haben wir in den letzten drei Jahren gemacht und arbeiten auch jetzt weiter so zusammen.

SPIEGEL: Viele Menschen haben sich in den letzten Wochen gefragt: Wer ist eigentlich Annalena Baerbock? Hatte ich bislang ein falsches Bild von ihr? In Ihrem Buch kommen biografische Erzählungen vor, doch der programmatische Teil überwiegt. Warum waren Sie so zurückhaltend mit Ihrer eigenen Geschichte?

Annalena Baerbock: Weil ich mit 40 Jahren keine Autobiografie schreibe, sondern ein Buch darüber, wie wir unser Land erneuern können. Ich erlebe, dass sich viele Menschen den Kopf zerbrechen, wie wir Wohlstand auf Klimagerechtigkeit aufbauen können. Oder ganz persönlich in der Kita, wie schwierig es ist, wenn Erzieherinnen und Erzieher fehlen. Das sind Momente, in denen spürbar ist, wo Politik für das alltägliche Leben einen Unterschied machen kann – und das ist ja schließlich ihre Aufgabe. Daher sind meine persönlichen Erfahrungen und Geschichten im Buch kein Selbstzweck, sondern erzählen davon, wo ich herkomme, was mich antreibt und was mir politisch am Herzen liegt. Im Zentrum des Buches stehen aber die Zukunftsfragen: Wie schützen wir das Klima? Wie machen wir unsere Städte und Kommunen für alle Menschen lebenswert? Wie erhalten wie Deutschland als starkes Industrieland?

SPIEGEL: Als Kind waren Sie mit ihren Eltern auf Anti-Atomkraft-Demos. Hat da Ihre Politisierung begonnen?

Annalena Baerbock: Es gab nicht den einen Moment, in dem ich politisiert wurde. Natürlich prägt eine Demo ein Kind, das fragt: Was machen wir eigentlich hier? Noch stärker geprägt haben mich die 90er Jahre, als es in Deutschland die furchtbaren rechtsextremen Anschläge gab und zugleich die Kriege und Kriegsverbrechen auf dem Balkan. Nach der Schule wollte ich eigentlich Journalistin werden und über die Chancen und Krisen in der Politik schreiben. Später lernte ich im Europaparlament, wie viel Politik verändern kann, wenn man sich traut, Neues zu wagen.

SPIEGEL: Auf den Anti-AKW Demos war der Staat der Feind, jetzt wollen sie die mächtigste Frau dieses Landes werden. Ihr Bild vom Staat hat sich stark gewandelt.

Annalena Baerbock: Ja, aber nicht nur meines. So wie mir ging es den Grünen als Ganzes. Wir haben uns als Partei von Staatskritikern zu Verfassungspatrioten gewandelt. So wie das Land in diesen 40 Jahren offener, moderner und vielfältiger wurde. Wir haben uns also alle verändert – gut so!

SPIEGEL: Frau Baerbock, vielen Dank für das Gespräch.