Good Governance, Verbesserung der Effizienz und Effektivität öffentlicher Unternehmen
March 28, 2019, Von Ekin Deligöz und Ulrich LindnerEin Debattenbeitrag von Ekin Deligöz und Ulrich Lindner zum Grundsatzprogramm.
Die Frage, ob Privat oder Staat ist seit Karl Marx eine politische Grundsatzfrage, die die wirtschafts- und sozialpolitische Debatte bis heute bestimmt. Sie wird meist eher ideologisch geführt und verstellt so den Blick auf die Chancen, die beide Modelle zur Lösung gesellschaftlicher Aufgaben bieten können. Was der Staat tun darf und was nicht, folgt sehr genau den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Das Grundgesetz formuliert an zahlreichen Stellen die Kernprinzipien der sozialen Marktwirtschaft und streicht dabei den grundsätzlichen Vorrang marktwirtschaftlicher Lösungen heraus.
Der öffentliche Bereich, soweit er sich wirtschaftlich betätigt, bleibt deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück. Aufgefallen ist die öffentliche Hand in den letzten Jahren vor allem durch spektakulär gescheiterte Bau- und Infrastrukturprojekte. Aber auch in der Breite verfehlen gerade die Großprojekte sehr häufig die Termin- und Budgetvorgaben. Der beklagenswerte Zustand vieler Straßen und Brücken trägt zu diesem schlechten Gesamtbild bei.
Neben starken Schwankungen bei der Qualität des Verwaltungsmanagements sind aber auch die Fähigkeiten der öffentlichen Hand als wirtschaftlicher Akteur systembedingt begrenzt. Die Stärke des öffentlichen Bereichs sind gleichbleibende Prozesse, die für den Rechtsstaat und somit für die Herstellung eines stabilen Handlungsrahmens für die Gesellschaft enorm wichtig sind. Mit Dynamik aller Art, etwa der Veränderungen von Prozessen, Produkten bzw. Strukturen tut sich der öffentliche Bereich hingegen sehr schwer. Genau das ist aber bei einer wirtschaftlichen Tätigkeit gefordert. Zusätzlich fehlt ein äußeres Regelungsmechanismus, wie ihn im privaten Bereich der Markt darstellt. Die Vorstellung, dass etwas, das „in Bürgerhand“ – also in der öffentliche Verwaltung oder ein öffentliches Unternehmen besser werden muss, ist unangebracht. Genauso falsch wäre es aber, wenn im Kontrast zu den festgestellten Schwächen des öffentlichen Bereichs ein rosarotes Bild von der Effizienz der Privatwirtschaft gemalt wird. Der Schlüssel für erfolgreiche Politik liegt hier in einer differenzierten Bewertung.
In den 80er und 90er Jahren wurde vielfach versucht, die als ineffizient und unbeweglich empfundene Führung öffentlicher Betriebe zu verbessern, indem man sie an private Investoren verkaufte. Die bekanntesten Beispiele sind Energieversorger sowie Telekom und Post. Die Privatisierungswelle kam mit der Bahn zum Stillstand, die man zwar noch in eine private, börsenfähige Rechtsform überführte – aber vor dem geplanten Börsengang zurückschreckte. Dies lag unter anderem an der spektakulär gescheiterten Bahnprivatisierung in Großbritannien zur gleichen Zeit sowie an den keineswegs immer positiven Erfahrungen mit privatisierten Monopolisten. Man war nicht darauf vorbereitet, dass Unternehmen ihre Marktmacht gegenüber kleineren Konkurrenten oder Kunden tendenziell ausnutzen würden.
Unter bestimmten Umständen kann private Konkurrenz im Bereich der Daseinsvorsorge zu besseren und günstigeren Leistungen für die Bürger führen, aber nur, wenn die Zuschüsse ausreichend sind und die Qualitätskriterien exakt beschrieben sowie streng kontrolliert werden. Die Privatisierung elementarer Grundbedürfnisse wie beispielsweise Wasser und Abwasser funktioniert jedoch erfahrungsgemäß nicht.
Ein anderes neueres Beispiel sind die gängigen Public Private Partnership (PPP) -Modelle der Infrastruktur, also Bau und Betrieb von öffentlichen Straßen oder Gebäuden durch Private, die dann von der öffentlichen Hand für die Nutzung für viele Jahre einen festen Betrag bekommen. Projekte nach diesem Muster gab es etwa im Bereich staatlicher Einrichtungen wie etwa Schulen oder Hochschulen. Viele dieser Projekte wurden durch Rechnungshöfe geprüft, und fast immer stellte sich heraus, dass sie im Vergleich zur Eigeninvestition unwirtschaftlich waren. Dies liegt keineswegs nur an der Umsatzsteuer, die im Fall der PPP gezahlt werden müssen, sondern auch an der Renditeerwartung, die in der Nutzungsgebühr enthalten ist. In der Theorie müsste das Privatunternehmen diesen Nachteil durch eine deutlich höhere Effizienz kompensieren, die erhoffte Win-Win-Situation wird nur in sehr seltenen Fällen erzielt. Im negativen Fall enden Projekte dieser Art im Streit oder in annähernd gescheiterten Projekten. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Toll Collect, die sowohl den Zeit- als auch Budgetplan verfehlt haben und zum öffentlichen Skandal geworden sind.
Vorteilhafte Projekte gibt es dagegen etwa beim Energieeinsparcontracting bei kommunalen Gebäuden. Dies liegt hier an der speziellen technischen Kompetenz, die die entsprechenden privaten oder öffentlichen Vertragspartner bieten, zudem entfällt das Investitionsrisiko. Eine andere interessante Entwicklung findet sich bei kommunalen Hochbauprojekten – hier hat die Stadt Nürnberg einen Öffentlich-öffentlichen Partnerschaft -Konzept mit einer neu gegründeten städtischen Tochter entwickelt.
Die öffentliche Hand hat zahlreiche Stärken, insbesondere, wenn sie, wie in Deutschland, im internationalen Vergleich von Korruption nur mäßig betroffen ist. Genauso unübersehbar sind aber auch ihre Schwächen, insbesondere wenn sie in einem dynamischen Umfeld agieren muss. Die Hauptaufgabe der Politik in Bund, Ländern und Kommunen gleichermaßen ist, die Öffentliche Verwaltung und auch die öffentlichen Unternehmen fit für die zukünftigen Aufgaben zu machen. Dabei sind die Kommunen schon deutlich weiter vorangekommen, jetzt muss auch die Staatsverwaltung endlich mit der Verwaltungsmodernisierung Ernst machen. Die Methoden des New Public Management sind längst bekannt und in vielen Kommunen auch bewährt. Dass diese Instrumente auch in der Staatsverwaltung funktionieren, beweisen Vorreiter wie Hessen, Niedersachsen oder Hamburg. Schlusslichter bilden hier u.a. Bayern, Berlin und Schleswig-Holstein. In dieser Reihe steht auch der Bund. In all diesen Bereichen ist das Handeln der Verwaltung bislang kaum an Ergebnissen ausgerichtet und stark selbstzentriert. Hier ist anzusetzen.
EKIN DELIGÖZ ist Mitglied im Haushaltsausschuss und Sprecherin der Bayrischen Grünen der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
ULRICH LINDNER ist Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Finanzen Bayern.