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Artikel

Ein neues Generationenversprechen für die Jugend

Mädchen mit medizinischem Mund-Nase-Schutz sitzt im Klassenzimmer und schreibt in ihr Heft.
© GettyImages / Ridofranz

Wir brauchen ein neues Generationenversprechen, das Zukunftsthemen in den Mittelpunkt stellt, die soziale Sicherheit und die Selbstbestimmung junger Menschen stärkt, finden Ricarda Lang und Jamila Schäfer. Lies hier das Autorinnenpapier.

Gerade junge Menschen haben durch die Pandemie mit harten Einschnitten und Freiheitsverlusten zu kämpfen. Viele Nebenjobs, Auslandsaufenthalte und Praktikumsplätze sind einfach weggefallen. Monatelang konnte man sich weder in Bars und Kneipen treffen, noch in der Berufsschule oder der Universität gemeinsam lernen oder sich im Fitnessstudio und im Sportverein auspowern. Das hinterlässt Spuren.

Gerade in der Lebensphase von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist es essenziell, sich auszuprobieren, neue Leute kennenzulernen und neue Erfahrungen zu machen. Es zeichnen sich große Auswirkungen auf die psychische Gesundheit sowie die Lern- und Arbeitsbiografien ab.

Doch die Politik der Bundesregierung hat die Interessen junger Menschen viel zu wenig im Blick. Das zeigt sich sowohl am fehlenden Klimaschutz als auch daran, dass die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen auf junge Menschen viel zu wenig abgefedert werden. Dadurch droht, dass viele junge Menschen das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik verlieren.

Deshalb müssen wir gerade jetzt dafür sorgen, dass die junge Generation politisch nicht hinten runterfällt. Wir brauchen ein neues Generationenversprechen, das Zukunftsthemen in den Mittelpunkt stellt, die soziale Sicherheit und die Selbstbestimmung junger Menschen stärkt.

Wir schlagen deshalb vor:

1. Die Jugend bei der Pandemiebekämpfung priorisieren

Jugendliche und junge Erwachsene haben sich in der Pandemie stark eingeschränkt, gerade auch um ältere Generationen zu schützen. Diese Solidarität darf keine Einbahnstraße sein. Die Interessen und Rechte der jungen Generation müssen in der Pandemiebekämpfung in den Fokus gerückt werden. Deshalb fordern wir:

  • Einen Jugendgipfel, um die zentralen Belange der Jugendlichen und jungen Erwachsenen während und nach der Pandemie direkt in politische Prozesse einzubeziehen.
  • Über den Sommer und Herbst braucht es überall breite und niedrigschwellige Impfangebote für Jugendliche und junge Erwachsene. Auch Schulen, Ausbildungsplätze und Universitäten müssen hier eingebunden werden, um das Angebot in der Breite erreichbar zu machen.
  • Bildungseinrichtungen sind in der vierten Welle prioritär zu behandeln. Es braucht ein Versprechen der politischen Spitzen, dass Bildungsinstitutionen erst als letzte Maßnahme geschlossen werden.

2. Studierende und Auszubildende stärken

Der Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums war während Corona für viele junge Menschen erschwert. Dadurch drohen soziale Ungleichheiten sich weiter zu verschärfen. Deshalb wollen wir genau jetzt Zukunftsperspektiven und Chancengleichheit stärken. Wir fordern:

  • Alle Studierenden, die durch die Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, sollen im Rahmen einer Nothilfe über das BAföG Unterstützung erhalten. Studienkredite, wie von der Großen Koalition vorgesehen, halten wir aufgrund des Verschuldungsrisikos für kein geeignetes Unterstützungsmittel.
  • Das BAföG ist mit dem Versprechen entwickelt worden, dass Studieren keine Frage des Geldbeutels sei. Doch dieses Versprechen erfüllt es heute nicht mehr. Deshalb brauchen wir eine umfassende BAföG-Reform. Wir wollen das BAföG neu aufsetzen und zu einer Grundsicherung für alle Studierenden und Auszubildenden umbauen. Sie soll aus einem Garantiebetrag und einem Bedarfszuschuss bestehen, der den Gesamtbetrag im Vergleich zum heutigen BAföG substanziell erhöht und dem Großteil des in Frage kommenden Personenkreises zugutekommt. Studierende und Auszubildende bekommen den Betrag direkt überwiesen.
  • Für alle, die eine Ausbildung anstreben, wollen wir einen guten Ausbildungsplatz und eine gute Ausbildung garantieren. Wir wollen mit der Ausbildungsgarantie allen jungen Menschen den Beginn einer anerkannten Ausbildung ermöglichen und das Recht auf Ausbildung absichern. Unternehmen, die ausbilden wollen, unterstützen wir über eine Umlagefinanzierung. So kann es gelingen, dass Betriebe ermutigt werden, weiterhin und verstärkt auszubilden. Junge Menschen – gerade in ländlichen Regionen – erhalten dadurch eine Bleibeperspektive. Damit alle Jugendlichen während des Übergangs von der Schule in den Beruf gute Beratung und in der Anfangsphase ihrer Ausbildung eine gute Betreuung aus einer Hand und unter einem Dach erhalten, unterstützen wir den Ausbau flächendeckender Jugendberufsagenturen.

3. Wir nehmen unsere Zukunft selbst in die Hand

Im letzten Jahr wurde immer wieder über den Kopf der jungen Generation hinweg entschieden. Wir wollen, dass junge Menschen selbst über ihre Zukunft entscheiden, Deshalb setzen wir uns für umfassende Teilhabe ein und fordern:

  • Ein Wahlalter ab 16 Jahren, damit Jugendliche in dieser Phase der Transformation mitbestimmen können, wie die Weichen für die kommenden Jahrzehnte gestellt werden
  • Einen Jugendbeteiligungsplan, um Jugendliche und junge Erwachsene gezielt in Entscheidungsgremien einzubinden

4. Hilfe und Unterstützung bei psychischen Problemen ausbauen

Im letzten Jahr haben psychische Probleme bei jungen Menschen massiv zugenommen. Gleichzeitig fehlt es oft an Therapieplätzen und Hilfsangeboten, sowohl stationär als auch ambulant. Das wollen wir ändern und ein zuverlässiges Netz und Anlaufstellen, Unterstützung und Therapiemöglichkeiten aufbauen. Deshalb fordern wir:

  • Um einen schnellen Zugang zu Erstberatung sicherzustellen, fordern wir ein staatliches Hilfetelefon, vergleichbar mit dem Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen und eine Aufklärungskampagne zu psychischen Erkrankungen der Bundesregierung. Außerdem sollen digitale Angebote stärker genutzt werden können.
  • Es ist nicht zumutbar, dass viele Menschen in einer psychischen Krise monatelang auf therapeutische Hilfe warten müssen. Wer von einer psychischen Erkrankung betroffen ist, benötigt schnelle und leicht zugängliche Hilfen, damit sich die Belastung nicht verschlimmert. Wir wollen ambulante Psychotherapieplätze durch mehr Kassenzulassungen von Psychotherapeut*innen schaffen. Dabei müssen auch die Besonderheiten der Versorgung von Kindern und Jugendlichen beachtet werden. Gleichzeitig muss eine Übernahme der Kosten für eine Psychotherapie in einer Privatpraxis sichergestellt werden, wenn Kinder und Jugendliche nicht in angemessener Zeit ein Therapieangebot von einem*r kassenärztlichen Psychotherapeut*in erhalten.

5. Angebote für Freizeit, Sport und Kultur stärken

In der Pandemie sind gerade Freiräume, Orte des Ausprobierens, des Entdeckens und des Feierns weggefallen. Genau diese Orte wollen wir jetzt stärken. Denn junge Menschen haben das Recht auf Freizeit, Kultur und Party. Deshalb fordern wir:

  • Einen Kulturpass über 300 Euro für alle unter 25, um den Zugang zu Freiluftkinos, Open Airs, Museen, Theatern, Kunstworkshops etc. zu ermöglichen. Gerade auch für junge Menschen mit wenig Geld.
  • Sport- und Freizeitangebote der Kommunen müssen ausgebaut werden. Damit Sportvereine finanzielle Planungssicherheit erhalten und ihren wichtigen Beitrag zum sozialen Miteinander trotz der Pandemie weiterhin leisten können, brauchen wir Sonderbudgets für Sportvereine und einen verlässlichen Investitionsplan für solide Gemeinde- und Kommunalfinanzen im ganzen Bundesgebiet.
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